Mutter Natur ist die beste

■ Handwerksmesse: Shampoo im Nudelteig und kalte Platten Von F. Sievers

Alles Banane? Ja, befinden die Ökodenker und küren sie flugs zum „Sinnbild einer optimalen, naturgerechten Verpackung“. Die pfiffige Frucht erfülle schlicht alle Voraussetzungen, die von einer sinnvollen Verpackung zu erwarten seien: von der auffälligen (verkaufsfördernden?) Signalfarbe bis hin zur benutzerInnenfreundlichen Entfernung. Auch zeige sie durch Farbveränderung an, wenn das Haltbarkeitsdatum überschritten sei und verrotte danach ohne Probleme. Die Innovatoren gelangen deswegen zu der Erkenntnis, daß uns hier Mutter Natur doch etwas voraus sei.

Das muß ja nicht so bleiben. Der Markt für Umwelt- und Ökoprodukte boomt, Umweltfreundlichkeit gehört bei industriellen Betrieben mittlerweile zum guten Ton. Beispiele für den plötzlichen Ideenschub der Wirtschaft zu diesem Thema, löblich zwar, aber hauptsächlich verursacht durch winkende Gewinne, sind in dieser Woche in der 2. Nordeuropäischen Handwerksmesse in den Hamburger Messehallen zu sehen. Dort zeigt „On Tour“, die „erste Wanderausstellung für branchenübergreifenden handwerklichen Umweltschutz“, Innovationen in der Ökotechnik.

Vorgestellt wird dort auf Schautafeln beispielsweise der Malermeister Wolfgang Feige aus Neudietendorf in Thüringen, der ein Verfahren entwickelt hat, um aus der Naturpflanze Waid Beizen, Bindemittel und blaue Farbe herzustellen. Die Firma Schwarzkopf, Produzent von Haarpflegemitteln, experimentiert gar mit Nudelteigverpackungen für ihre Shampoos und hat speziell für das Friseurhandwerk eine Abfüllstation für ihre Produkte konstruiert, so daß die Schönheitsmittelchen in Pfandflachen gezapft werden können.

Besonders lobend erwähnt werden bei der „On-Tour“-Präsentation Unternehmer, die fürsorglicherweise ihre Angestellten durch neue Verfahren vor Metallstaub, Sprühlack und Allergien zu bewahren. Selbstverständlich eigentlich, interessanter ist da schon die Neumärkter Lammsbräu–Brauerei. Die hat eine Ökobilanz und ein Umweltkonzept entwickelt, in dem sich die Biermacher gegen chemische Lagermittel und Schwefelbelastungen einsetzen und auf die Verwendung von genmanipulierter Hefe und radioaktiver Bestrahlung des Gerstensaftes verzichten wollen.

Die Wanderausstellung, in der übrigens auch Umweltdesign–Objekte zu sehen sind, und die bei ihrer Eröffnung von einer bekannten Brauerei mit Freibier gesponsert wurde, kann kostenlos ausgeliehen werden beim Zentrum für Energie-, Wasser- und Umwelttechnik (ZEWU) der Handwerkskammer Hamburg, Frau Böttger, Tel.: 359 05-825.

500 Aussteller aus 15 Nationen locken insgesamt in die Handwerksmesse, viel Kunsthandwerkliches, gerade auch aus Osteuropa, ist dabei. Nicht als Künstler, aber als Diskjockeys betätigen sich Mitglieder von Hamburgs Fleischerinnung an ihrem Messestand: sie verlosen in ihrem „Plattenstudio“ täglich kalte Platten. Mitarbeiter der Pelzindustrie ließen übrigens auf Anfrage verlauten, daß ihr Umsatz nach dem Tief der letzten Jahr wieder steige, und vor allem teurere Stücke, wie Nerze, verkauft werden.

Die Chance, bei der Messe auf Prominenz zu treffen, ist groß, so wollen unter anderem Bundeskanzler Helmut Kohl heute und Bundesumweltminister Klaus Töpfer am Sonntag das Handwerkertreffen besuchen.

Die Messe ist noch bis zum kommenden Sonntag täglich von 9 bis 18 Uhr, heute bis 20 Uhr, geöffnet und kostet zwölf Mark Eintritt, für Schüler und Studenten die Hälfte.