Buschmann, Matcho, Gitarrero

■ George Clinton ließ es in der Markthalle funken

Nach mehrfachem falschen Alarm ankerte das „mothership“, wie George Clinton seine Band gern nennt, doch noch vor Hamburg. Die Besatzung des Bootes ähnelte dabei auffällig den Piraten aus den Asterix-Comics. Oder aber Clintons 15-köpfige Band spielte mit gängigen schwarzen Stereotypen, trieb sie als Karikatur auf die Spitze: den barbrüstigen Macho an der Orgel, den Ghetto-Kämpfer mit Mundschutz als Gitarrero, den Buschmann im Lendenschurz, den apathischen Black Yuppie am Bass, über und über mit Markenzeichen versehen. Alle huldigten sie dem Präsidenten des P-Funk, ihrem spirituellen Hohepriester, der im babyblauen Bettlaken seine Schnuller um den Hals baumeln ließ.

Clinton ließ von Anfang an keine Zweifel in der gut gefüllten Markthalle aufkommen: „We want the P-Funk“ hieß die Losung, die dem Publikum über Pappen auf der Bühne eingebleut wurde. Kein Wort fiel häufiger als jenes „P-Funk“ in den mäandernden Soundskulpturen, die stets länger als zehn Minuten dauerten. Und bereits nach zwei Stücken konnten alle im Publikum die Handbewegung zum Sound, the funk sign.

Dabei hätte man den Piraten Abzüge in der Haltungsnote geben müssen für allzu selbstverliebtes Gitarrengehampel. Doch steht eine Band, die bereits vor 15 Jahren ein Stück mit „Why a black man can't play the rock“ betitelte, nicht jenseits solch kleinkrämerischer Kritik?

Immer wieder nahm der bunte Pfau das Tempo heraus und verkündete seine ebenso bunten Lehren. Man konnte da vernehmen, daß wir nur metaphysische Potentialitäten sind und ähnlich sektiererisches Gedankengut. Nach gut zwei Stunden machte der 51jährige Meister eine kleine Verschnaufpause, um gestärkt von den richtigen Drogen noch eine Schippe drauf zu legen.

Für all jene, die noch nicht gemerkt hatten, daß die Megaseller von Dr. Dre oder Snoop Doggy Dog auf Clinton beruhen, gab es nun Nachhilfe, indem deren Hooklines in Wechselwirkung eingebaut wurden. Wegen der bis zuletzt sperrigen Klanggebilde und der, trotz der schrillen Aura des Gurus, längst abgefahrenen letzten U-Bahn erlebte nur noch die Hälfte des Publikums den schrägen Schlußakkord. Nur noch einige „Atom-Hunde-Pfeifen“ aus einer anderen Welt, die am Souvenirstand feilgeboten wurden, blieben vom Besuch der kauzigen Piratenfunker zurück.

Volker Marquardt