Auseinandersetzungen um IM „Sekretär“ gehen weiter

■ CDU verhinderte die Landtagsauflösung

Berlin (taz) – Alle redeten von der Selbstauflösung des Landtages, doch die vehementesten Verfechter dieses Schrittes fielen um. Weil die Mehrheit im Landesparlament es gestern ablehnte, dem Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) die Vertrauensfrage abzuverlangen, revanchierte sich die CDU-Fraktion mit einem Boykott der angepeilten Selbstauflösung und verhinderte damit auch vorgezogene Neuwahlen am 12. Juni. 59 der 88 Parlamentarier hätten für die Auflösung stimmen müssen, der Antrag erhielt aber nur 49 Stimmen. 27 Abgeordnete stimmten dagegen, vier enthielten sich. Acht der Volksvertreter, die im Falle eines vorzeitigen Endes der Legislaturperiode um die Weiterzahlung ihrer Diäten fürchten mußten, haben sich offenkundig um die namentliche Abstimmung gedrückt.

Brandenburg wird damit weiterhin von einer Minderheitsregierung aus SPD und FDP bis zum regulären Ende der Wahlperiode am 11. September regiert. Fortgesetzt wird somit auch die Arbeit des Stolpe-Untersuchungsausschusses. Dort traf gestern ein weiteres Gutachten der Gauck-Behörde ein, das im Auftrag des Ausschusses die Qualität der jüngst aufgetauchten und Stolpe belastenden Stasi- Unterlagen bewerten soll. Die Expertise erhärtet den Verdacht, daß Stolpe vor dem Ausschuß schlicht gelogen hat. Es geht unter anderem um die Belegungsliste für das konspirative Stasi-Objekt „Wendenschloß“, in dem Stolpe am 21. November 1978 von Mitarbeitern der Stasi die Verdienstmedaille der DDR erhalten haben soll. Stolpe hat bestritten, daß er an diesem Tag überhaupt in diesem Objekt gewesen sein könnte. Dem Gutachten der Gauck- Behörde zufolge diente diese Liste, auf der der IM „Sekretär“ vermerkt ist, „nach Lage der Akten dem Nachweis der tatsächlichen Nutzung des jeweiligen Objektes, nicht der Planung einer solchen Nutzung“. Der Vergleich mit anderen Unterlagen lasse eine Abweichung bei der Listenführung nicht erkennen. wg

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