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Geschlechtsspezifischer Schlagabtausch?

■ Inneruniversitäre Querelen spielen eine Rolle bei Berufung von Gert Mattenklott auf die C-4-Professur / Der FU-Präsident sichert zu, Mattenklott vorerst nicht einzustellen / Wird Claudia Brodsky...

Läßt sich Qualifikation überhaupt objektiv messen, oder dient die angeblich bessere Qualifikation nicht auch als Deckmantel, um den oder die eigene WunschkandidatIn durchzusetzen? Diese Frage stellt sich auch in der Auseinandersetzung um die Berufung von Gert Mattenklott (53) auf die C-4-Professur am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (AFL) der FU.

Wissenschaftssenator Manfred Erhard (CDU) begründet seine Entscheidung, die auf Platz eins der Berufungsliste plazierte US- Amerikanerin Claudia Brodsky (39) nicht zu berufen, mit ihrer angeblich geringeren Qualifikation. Da dem nicht so sei, habe er mit seiner Entscheidung gegen das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) verstoßen, so seine KritikerInnen. Doch der Streit um den oder die qualifiziertere KandidatIn für eine der drei renommiertesten literaturwissenschaftlichen Professorenstellen der BRD kann nicht nur unter dem frauenpolitischen Aspekt betrachtet werden.

Vielmehr spielen auch inneruniversitäre Querelen eine Rolle. Winfried Menninghaus, Professor am AFL, erklärte gegenüber der taz, Mattenklott sei „aus fachfremden Gründen“ am Fachbereich Germanistik „verhaßt“. Dabei ginge es um politische Streitigkeiten aus der 68er Zeit. Deshalb hätte eine Mehrheit des Fachbereichs Germanistik Brodsky auf Platz eins gesetzt, „um Mattenklott zu verhindern“. „Wenn jemand einer Männerbündelei zum Opfer gefallen ist, dann Mattenklott.“

Der Dekan der Germanistik, Gerhard Spellerberg, hält dagegen: „Das Politische spielt hier keine Rolle.“ Ausschlaggebend für Brodsky sei gewesen, daß sie das anglistische Profil der Stelle besser ausfülle als Mattenklott. Er könne allerdings niemandem „ins Herz sehen“, ob nicht bei einzelnen die Sachargumente und „der Bauch“ übereinstimmend zu einer Entscheidung zugunsten von Brodsky geführt hätten.

Menninghaus selbst hatte Brodsky, die er als „amerikanische Powerfrau“ beschrieb, persönlich aufgefordert, sich zu bewerben. In der Berufungskommission lieferte er die ausschlaggebende Stimme dafür, daß sie auf Platz eins der Berufungsliste kam. Dann vollführte er im Fachbereichsrat eine Wendung um 180 Grad und setzte sich dafür ein, Mattenklott auf Platz eins zu setzen. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen. Er begrüßt daher die abweichende Entscheidung des Wissenschaftssenators: „Er hat einen Skandal korrigiert“, sagt er. Menninghaus wies darauf hin, daß die institutsinterne Abstimmung mit acht zu drei Stimmen zugunsten von Mattenklott ausgefallen sei. Die Studierenden hatten sich mit großer Mehrheit für Brodsky ausgesprochen.

Vier Dozentinnen des Instituts schrieben am Mittwoch in einem Brief an FU-Präsident Johann Gerlach, Brodsky sei „nicht Opfer einer frauenfeindlichen Einstellung“. Alle Dozentinnen hätten sich für Mattenklott ausgesprochen, er sei der qualifiziertere Kandidat. Diese Entscheidung habe sich „niemand von uns leicht gemacht“. Als „geschlechtsspezifischer Schlagabtausch“ habe sich ihnen die Berufung bisher in keiner Weise dargestellt. Fakt ist, daß sowohl Menninghaus als auch die Gegenseite dem Wissenschaftssenator einen Brief zugunsten ihres Favoriten schrieben, nachdem dieser seine Absicht kundgetan hatte, von der Berufungsliste abzuweichen.

Nun muß das Verwaltungsgericht entscheiden. Brodsky will in der nächsten Woche bekanntgeben, ob sie eine Klage einreichen will. Über ihren Antrag auf eine einstweilige Verfügung wird frühestens in zwei Monaten entschieden. FU-Präsident Gerlach hat aber auf Bitte des Gerichts schriftlich erklärt, daß er keine Fakten schaffen wird, bevor die Angelegenheit geklärt ist.

Zwar sind am Mittwoch die Berufungsverhandlungen mit Mattenklott aufgenommen worden, sie würden aber keinesfalls zum Abschluß gebracht, hieß es. Unter Berufung auf Juristen erklärte Spellerberg, daß der Wissenschaftssenator eine zweite C-4-Stelle samt Grundausstattung zur Verfügung stellen müsse, falls die Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich sei. Der Prozeß, der zugleich die Wirksamkeit des Berliner LGG prüfen würde, könnte sich drei bis vier Jahre hinziehen. Dorothee Winden

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