Das Pädagogische Zentrum wird aufgelöst

■ Heute wird das „Berliner Institut für die Fort- und Weiterbildung von Lehrern“ gegründet / Für das fortschrittliche Pädagogische Zentrum bedeutet dies das Aus

Nach drei Jahren Vorbereitung soll heute das „Berliner Institut für die Fort- und Weiterbildung von Lehrern“ (Bil) aus der Taufe gehoben werden. Aber Schulsenator Jürgen Klemanns (CDU) Pläne für das neue, der Schulverwaltung nachgeordnete Institut sind heftig umstritten.

Das Bil soll die Aufgaben des Pädagogischen Zentrums (PZ) in Wilmersdorf übernehmen. Das PZ entwickelt und veranstaltet Fort- und Weiterbildungsprogramme für Berliner Lehrer. Seit seiner Gründung im Jahre 1965 ist das PZ als zu fortschrittlich verschrien. Jetzt will der CDU-Senator das Institut auflösen. Alle 78 Mitarbeiter werden ins Bil übernommen, verlieren aber nicht nur ihren Personalrat und ihre gewählte Frauenbeauftragte, sondern auch ihre bisherige Aufgabe.

Die Mitarbeiter des PZ sind verärgert über den neuen Geschäftsverteilungsplan. „Unsere Einwände wurden überhaupt nicht berücksichtigt“, klagt Jutta Pflanz, Frauenbeauftragte am PZ. So durften die Mitarbeiter, die jahrelang selbst neue Arbeitsformen entwickelt hatten, die Lehrerfortbildung nur noch organisieren. Brigitte Reich, stellvertretende Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, fordert: „Die seit fast 30 Jahren bewährte Struktur des PZ muß erhalten bleiben.“

Das sieht der Schulsenator anders. „Jedes Institut hat seine eigene Struktur“, so Klemanns Sprecher Andreas Moegelin, „und die Aufgaben sind umfangreicher geworden.“ Das neue Bil besteht aus den vier Abteilungen „Fächerbezogene Fortbildung“, „Fächerübergreifende Aufgaben von Erziehung und Unterricht“, „Personalführung und Lehrerverhaltenstraining“ und „Schulentwicklung“. Die neu geschaffenen Leiterstellen, die alle vier nach A16 bezahlt werden, wurden am 4. Februar im Amtsblatt des Senats ausgeschrieben.

„Das war eine fingierte Ausschreibung“, behauptet Sybille Volkholz (Bündnis 90/Die Grünen). Ihrer Ansicht nach wurden die Leiterstellen nur geschaffen, um Beamten der Schulverwaltung neue Aufstiegschancen zu eröffnen. Im Entwurf eines Geschäftsverteilungsplans vom vergangenen Sommer stehen schon die Namen der designierten Abteilungsleiter, „Leute, denen der Senat etwas Gutes tun möchte“, vermutet Volkholz.

Ein Name, der unter der Hand die Runde macht, ist der von Joachim Dannert, Referent in der Schulverwaltung. Als Schulsenatorin Hanna-Renate Laurien (CDU) 1989 den Sessel für ihre grüne Nachfolgerin Volkholz räumen mußte, verschaffte sie ihrem persönlichen Referenten Dannert noch einen Referatsleiterposten. Jetzt erwartet den Zehlendorfer ein weiterer Karriereschub. Dannert selbst will seine Bewerbung weder bestätigen noch dementieren: „Das ist meine persönliche Angelegenheit.“

Bei der Besetzung der A16- Stellen will sich die Schulverwaltung nicht über die Schulter blicken lassen. Der Personalrat hat auf den Führungsebenen sowieso nicht mitzureden, und Jutta Pflanz fühlt sich schlichtweg „ausgebootet“. Mit dem Argument „Das ist ein ganz neues Institut“ (Moegelin) verwehrt die Verwaltung der Frauenbeauftragten die Mitwirkung. Jetzt will Pflanz ihre Teilnahme juristisch erzwingen.

Um die Mehrkosten von 45.640 Mark „kostenneutral“ aufzubringen, will der Senat laut einer Vorlage vom vergangenen Sommer „die Dauerstellen je nach Freiwerden schrittweise vermindern und dafür Stellen befristet besetzen“. Und zwar mit Lehrern, die aus den Schulen abgeordnet werden sollen. Doch dann fällt noch mehr Unterricht aus als bisher, fürchtet Brigitte Reich. Außerdem spart der Senator an der Abteilung für Grundschule und streicht die beiden Stellen für den zehnjährigen Schulversuch der zweisprachigen Erziehung.

Der hierarchische Aufbau der Behörde setzt sich bis in die Schulverwaltung fort. Eine weitere neue A16-Stelle soll für die Fachaufsicht des Bil sorgen. Bisher wurde diese Aufgabe von einem Referatsleiter nebenbei erledigt. „Preußische Überverwaltung“ nennt das Sybille Volkholz. „Das Bil ist viel zu eng an die Kontrolle der Verwaltung gekoppelt“, kritisiert sie, „dieses Institut bräuchte eine größere Unabhängigkeit.“

Jutta Pflanz pflichtet ihr bei: „Die Spielräume werden zurückgenommen.“ Es sei „nicht üblich und vollkommen überzogen“, daß sich das Bil jede Veröffentlichung von der Schulverwaltung genehmigen lassen müsse. Doch Moegelin widerspricht: „Das wäre schon bisher nötig gewesen.“

Auch Peter Hübner, Soziologieprofessor an der Freien Universität (FU) und PZ-Leiter von 1970 bis 1973, findet, daß das Institut „ein bißchen eng geführt“ wird: „In der täglichen Arbeit sollte das Bil an einer längeren Leine gehen.“ „Das Bil braucht die Kontrolle durch die Verwaltung und darf nicht im völlig freien Raum schweben“, entgegnet Moegelin. Aber an der täglichen Arbeit werde sich nichts ändern. Martin Heiderich