Gorlebener Endlager wird weitergebaut

■ Bundesamt für Strahlenschutz soll bei gegenteiligem Urteil zurückbauen

Hannover (taz) – „Auf eigenes Risiko“ kann das Bundesamt für Strahlenschutz jetzt die Bauarbeiten am Gorlebener Endlager für hochradioaktiven Atommüll fortsetzen. Das niedersächsische Umweltministerium hat gestern den Baustopp für das Endlagerbergwerk wieder aufgehoben, den es im September vergangenen Jahres verhängt hatte. Damit folgte das Umweltministerium einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg, das im Februar einer Klage gegen den Baustopp mit der Begründung stattgegeben hatte, bei dem Endlagerbau handele es sich nur um ein Unternehmen „zu wissenschaftlichen Zwecken“, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht notwendig sei. Gegen das erstinstanzliche Lüneburg-Urteil will das Umweltministerium allerdings weiterhin Rechtsmittel einlegen. Die gestern erteilt Genehmigung zum Weiterbau in den beiden Endlagerschächten, dem sogenannten Hauptbetriebsplan, wurde deswegen von vornherein nur eingeschränkt zugelassen. So kann der bis Ende 1995 befristete Hauptbetriebsplan jederzeit widerrufen werden, sobald ein höheres Gericht die Lüneburger Entscheidung korrigiert. In diesem Fall ist das Bundesamt für Strahlenschutz sogar verpflichtet, im Bergwerk den jetzigen Zustand wieder herzustellen, die beiden Schächte zum Teil wieder zuzuschütten. Die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) nannte eine Fortsetzung der Bauarbeiten gestern denn auch ein recht „wagemutiges Unternehmen des Bundesamtes und seines Dienstherrn Töpfer“.

Im dem jetzt erlassenen Hauptbetriebsplan ist über die riesige Halde, auf die das Salz aus dem Endlagerbau geschüttet werden soll, noch nicht entschieden worden. Monika Griefahn will weiterhin die Umweltauswirkungen der Halde zunächst geprüft sehen. Das in den Schächten abgebaute Salz muß das Bundesamt für Strahlenschutz daher wie bisher zum Endlager Morsleben nach Sachsen- Anhalt fahren.

In den Schacht I des Endlagerbergwerks läuft derweil seit November letzten Jahres kontinuierlich eine geringe Menge Salzlösung ein. Nach Angaben des Umweltministeriums betragen die Zuflüsse etwa 10 Milliliter pro Minute. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat bisher stets versichert, bei einem Weiterbau des Schachtes würden diese Zuflüsse von allein versiegen. Das Umweltministerium betonte gestern, daß im Schacht I der Fortgang der Arbeiten erneut in Frage stehe, falls die Zuflüsse auf Dauer anhalten. Jürgen Voges