Einig gegen Serben

■ Wahlkampfthema Außenpolitik: Bundestag billigt Nato-Angriffe auf serbische Stellungen in Bosnien

Bonn (taz) – Dem Ehrenbürger Sarajevos und CDU-Abgeordneten Stefan Schwarz platzte der Kragen: Vom Rednerpult des Bundestages rügte er seine Abgeordnetenkollegen dafür, daß sie den Krieg in Ex-Jugoslawien als Wahlkampfthema zurichteten. Unionssprecher und Liberale gaben sich gestern nämlich alle Mühe, die favorisierte Opposition wenigstens auf dem Feld der Außenpolitik als unzuverlässig vorzuführen. Die SPD aber spielte nicht mit: Sie stimmte dem von CDU/ CSU und FDP vorgelegten Antrag zu, der die jüngsten Nato-Kampfeinsätze würdigt und militärische Einsätze im Auftrag der UNO als Mittel gegen die serbische Eroberungspolitik begrüßt.

Selbstverständlich war das nicht. Denn der Antrag würdigt auch den Einsatz deutscher Soldaten in Awacs-Flugzeugen zur Durchsetzung des Flugverbots. Gegen die Teilnahme deutscher Soldaten an den Awacs-Einsätzen aber klagt die SPD gegenwärtig vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Ulrich Irmer (FDP) warf der SPD deshalb „böswillige, destruktive Verweigerung“ vor, und Karl Lamers (CDU) meinte: „Sie begrüßen, was in Bosnien geschehen ist, verschweigen aber, daß das mit Ihnen nicht möglich wäre.“ Sozialdemokrat Carsten Voigt konterte, der Beschluß würdige nur die Leistung der Soldaten und gehe nicht auf den verfassungsrechtlichen Streit ein. Die SPD beklagte, daß die Koalition gar nicht den Versuch unternommen habe, den Antrag abzustimmen. Und von Washington aus moserte Rudolf Scharping, die Koalitionsparteien nutzten bewußt seine Abwesenheit, um im Bundestag über zwei wichtige außenpolitische Themen (Türkei und Bosnien) zu diskutieren. So antwortete Fraktionschef Klose auf Außenminister Kinkel, der die Luftangriffe als berechtigt und notwendig bezeichnet hatte.

Ähnlich gewunden wie die SPD argumentierte auch die Sprecherin von Bündnis 90/Grüne, Vera Wollenberger. Vor dem Hintergrund der jüngsten pazifistischen Beschlußlage ihrer Partei brachte sie das Kunststück fertig, eine klare Bewertung der Nato-Einsätze als richtig oder falsch zu vermeiden. Sie böten keine „weiterführende Perspektive“, denn die UNO müsse aus eigenem Vermögen handeln können. Die sechs UNO- Schutzzonen in Bosnien, so forderte sie, müßten mit dem gleichen Engagement verteidigt werden wie die UNO-Schutzzone für die Kurden im Norden Iraks.

Deutlich wurden dagegen die beiden CDU-Abgeordneten Christian Schwarz-Schilling und Stefan Schwarz: Sie lehnten die Entschließung ab, weil sie der Gewalt der „Radikalserben“ (Schwarz) nicht genug entgegensetze und Gebietseroberungen und Massenmord noch belohne.

Hans Monath