■ Soundcheck
: Lionel Hampton / Schachtelmann / Unhold / Tristan Tzara / Baden Powell / Little Anni / Revolutionary Dub Warriors

Gehört: Lionel Hampton. Sein Vibraphon kennen viele aus dem Fernsehen, als es noch gefilmte Stadtrundfahrten oder Sendungen über Modellbau - „leicht gemacht“ - zu sehen gab. Hampton sinkt seit über 60 Jahren ins kollektive Tönebewußtsein, ohne daß die von ihm eingeführte Triggerfinger-Technik (zwei Klöppel in einer Hand) seinem Namen zugeordnet wird. In der Musikhalle führte der 86jährige Herr am Donnerstag durch das Programm, Ort der Handlungen: Die Stadt, die nie schläft, durchwandert von skeptischen und verlorenen Generationen, die sich lustige Silben wie „Be“ und „Bop“ zuraunen. In den Zaubertönen des Cosmophoneten wollten die meisten Menschen aus dem Publikum gerne ausklingen.

Kristof Schreuf

Heute abend: Schachtelmann / Unhold / Tristan Tzara. „Core“ im Sinne von harter, kantiger Musik wird von den Beteiligten am ehesten vom Trio Unhold eingelöst. Die zwei Rhythmusdrittel der Hamburger, die die Melodiefraktion nie bestimmend werden lassen, vollführen präzise, abrupte Hasensprünge, darüber ziehen Gitarre und Gesang einen durchgehenden fliehenden Emotionsstrang. Mit vollmundigerer Melodik wärmen die fünf von Schachtelmann, deren freundlich-kräftiger Grundton Herzschmerz und Arschwackeln zuläßt. Die Bremer Combo Tristan Tzara führt die erkennbare Klangverdichtung einen Schritt weiter, die Gitarre zischt in kosmische Weiten, wavige Momente werden geschmackvoll in Lärm getaucht, der Gesang sperrt. Nirgendwo Klischees in Sicht.

Uschi Steiner

Kleine Markthalle, 21 Uhr

Morgen abend: Baden Powell. Die Renaissance brasilianischer Klänge verhilft dem Gitarristen zum zweiten Höhenflug. Als mit 18 seine Karriere begann, war gerade die Blütezeit des Samba, jener populären Musik aus afrikanischen und traditionellen brasilianischen Elementen. Später kamen Jazzklänge dazu, und der Bossa Nova entsteht, laut Jazz-Papst Joachim E. Berendt die „unterkühlte Samba“. 30 Jahre später blickt Baden Powell auf eine beachtliche Karriere zurück. Als Gäste sind mit Ulli Bögershausen und Reinhold Westerheide zwei Gitarristen der jüngeren Generation dabei.

Nikos Theodorakopulos

Fabrik, 21 Uhr

Morgen abend: Little Anni/Revolutionary Dub Warriors. Mut zum Kitsch. Umgeben von musizierenden Rauschgold-Engeln präsentiert sich Little Annie auf dem in Gold gehaltenen Cover von Short and Sweet. Diese Stilisierung der Großstadtbohème wundert kaum, ist doch die gebürtige New Yorkerin in die Pop-Kapitale London gezogen. Mit himmelsholder Stimme trägt sie in der Tradition von Eartha Kitt und Billie Holiday ein Büschel zuckersüßer Schnulzen vor, die von einer diffusen Sehnsucht nach einer besseren Welt nur so triefen. Musikalisch wird ihr Sehnen jedoch kontrastreich unterlaufen. Adrian Sherwood legt eine Art Industrial-Funk aus, der stets unmenschliche Technizität betont. Daraus wird eine Mensch-Maschine geboren, die jedoch reichlich willkürlich verlötet ist. Stimmiger stellen sich die Revolutionary Dub Warriors vor. Das Quartett erkundet via langsam gedubbter Roots die unerträgliche Langsamkeit des Seins und vermittelt geschickt zwischen digitalen Tönen und den Fellen der Bongos. Und der alte Jah kommt natürlich vor. Hörproben unter 040/789 10 04.

Volker Marquardt

Powerhouse 21.30 Uhr