Einbrecher von Polizist hinterrücks erschossen

■ Ermittlungen gegen Beamten dauern an / Justizbehörde schweigt weiter zu den Hintergründen des Todesschusses

Der mutmaßliche Einbrecher Jochen M. wurde in der Nacht zum Donnerstag hinterrücks von einem Polizeibeamten erschossen. Wie die taz gestern aus sicherer Quelle erfuhr, starb der 28jährige gebürtige Bernburger an den Folgen eines Streifschusses am rechten Hinterkopf. Die Kugel drang zwar nicht in den Kopf des Mannes ein, verursachte beim Aufprall jedoch ein schweres Schädel-Hirn- Trauma und Hirnblutungen, die letztlich zum Tode führten. Unstrittig ist, daß der Schuß den Mann von hinten traf.

Jochen M. und seine beiden Begleiter, der 28jährige Lichtenberger Detlef M. und der 37jährige Lothar H. aus Baden-Württemberg, hatten in besagter Nacht versucht, in das interkulturelle Frauenzentrum S.U.S.I. am Monbijouplatz im Bezirk Mitte einzudringen. Aufgeschreckt durch den Lärm, alarmierten Anwohner die Polizei, die um 0.20 Uhr am Tatort eintraf. Was dann geschah und warum einer der Polizisten auf den mutmaßlichen Einbrecher schoß, wurde von der Staatsanwaltschaft noch immer nicht bekanntgegeben. Eine Bewohnerin des Hauses will mitbekommen haben, wie erschrocken die Beamten am Tatort auf den Einsatz der Schußwaffe reagiert hätten.

Justizsprecherin Uta Fölster hüllte sich gestern nach wie vor in Schweigen: „Am Donnerstag konnte ich nichts sagen, heute will ich nicht.“ Unklar bleibt, ob für die Beamten überhaupt erkennbar war, daß Jochen M. eine Waffe bei sich trug. Weder wollte Fölster verraten, um welche Waffe es sich dabei handelte, noch ob der mutmaßliche Einbrecher sie überhaupt benutzt hat. Nur eins ist sicher: Jochen M. trug keine Schußwaffe.

Durch ihr beharrliches Schweigen eröffnet die Justiz Raum für Spekulationen: Handelte der Polizist aus Notwehr, oder wurde Jochen M. womöglich auf der Flucht erschossen? Die Ermittlungen gegen den Polizeibeamten wegen Verdachts auf Totschlag dauern an. Rechtsbeistand erhielt der Polizist von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die sich gestern schon mal im Vorfeld für ihr Mitglied ins Zeug legte: Der Schußwaffengebrauch zeige wieder einmal deutlich, daß PolizeibeamtInnen sekundenschnelle Entscheidungen treffen müßten, „über die andere in der rechtlichen Würdigung monatelang Zeit haben nachzudenken“.

Die beiden Begleiter des Getöteten, Lothar H. und Detlef M., sind inzwischen vernommen worden und haben den Einbruchsversuch gestanden. Über das Motiv der beiden verhinderten Einbrecher schweigt sich die Justiz jedoch ebenfalls aus. Wegen eines anderen Verfahrens wurde einer der beiden Täter inzwischen inhaftiert, der andere befindet sich bereits wieder auf freiem Fuß. maz