piwik no script img

Polizisten klauen Ukrainer 39.000 Mark

■ Opfer ging zur Kripo / Suspendierung droht / Rückgabe kann dauern

Bremen (taz) – Zwei Bremer Polizisten stehen im dringenden Verdacht, einem Ukrainer 39.000 Mark gestohlen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat bereits ihre Privatwohnungen und Dienstspinde durchsuchen lassen. Oberstaatsanwalt Jan Frischmuth: „Wir haben keinerlei Zweifel an der Darstellung des Ukrainers.“

Igor Palarmatschuk war im Auftrag einer ukrainischen Handelsfirma mit 35.000 Mark und 2.500 Dollar in der Tasche nach Deutschland gereist, um bei einem Bremer Gebrauchtwagenhändler zwei Kleinlaster zu kaufen. Am 30. März wurde er in Bremen von einem Kaufhausdetektiv angehalten, der ihm versuchten Ladendiebstahl vorwarf. Die beiden herbeigerufenen Polizeibeamten durchsuchten den Ukrainer und nahmen seine Ausweise und das dicke Bargeldbündel an sich.

„Einer der Polizisten hat sich das Geld in die Hosentasche gestopft“, gab der Kaufhaus-Detektiv später bei der Staatsanwaltschaft zu Protokoll. Danach fuhren die Beamten zusammen mit dem Ukrainer zum Bahnhof, wo sie ein Schließfach durchsuchten, dessen Schlüssel Palarmatschuk bei sich hatte. Nachdem sie dabei nichts Auffälliges feststellen konnten, stiegen die beiden Beamten in ihren Streifenwagen, sprachen kurz miteinander und kurbelten dann ein Seitenfenster hinunter. Durch den Schlitz gaben sie dem Ukrainer seine Ausweise zurück – und fuhren davon. „Das Geld haben sie behalten“, versichert Igor Palarmatschuk. Nach einem Anruf bei der Polizei erschienen die beiden Beamten wieder am Bahnhof und erklärten der Bahnhofspolizei, sie hätten das Geld zusammen mit den Ausweisen zurückgegeben, die Sache sei damit erledigt.

Zurück auf der Wache, erwähnten die beiden Polizisten in ihrem Protokoll den Geldfund allerdings nicht mehr – ein Umstand, den Bremens Polizeipräsident Rolf Lüken „überhaupt nicht nachvollziehen kann“. Palarmatschuks Anwalt vermutet: „Die haben wohl gedacht, daß das Schwarzgeld war und ein sprachunkundiger Ukrainer mit fast abgelaufenem Visum schon keine Strafanzeige stellen würde.“ Doch Palarmatschuk ging gleich am nächsten Morgen zur Kripo. Seitdem wird gegen die beiden etwa 30jährigen Polizisten ermittelt. Sollten sie bei ihrer Aussageverweigerung bleiben, „tendiere“ er zur sofortigen Suspendierung vom Dienst, so Lüken.

Doch auf die Rückgabe seines – bei einem Monatslohn von rund 200 Mark – für ukrainische Verhältnisse riesigen Betrages wird er trotzdem kaum warten können. Die Staatsanwaltschaft will sich zwar in diesem „sehr dramatischen Fall“ bemühen, so schnell wie möglich Anklage zu erheben, doch zum Prozeß werde es trotzdem erst „nach den Sommerferien“ kommen, so Frischmuth. Igor Palarmatschuk wird dann als Zeuge wieder nach Bremen geladen. Doch selbst bei einer Verurteilung der beiden Polizisten würde er sein Geld nicht sofort wiederbekommen. Der Staat haftet nämlich nicht für Diebstähle von Beamten – auch dann nicht, wenn sie im Dienst sind. Dirk Asendorpf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen