Die Kugel traf hinten rechts auf den Schädel

■ Klinikmitarbeiter können bezeugen, daß tödlicher Polizeischuß von hinten kam / Justiz dementiert weiter

Im Fall des erschossenen mutmaßlichen Einbrechers Jochen M. sagt die Justizbehörde scheinbar bewußt die Unwahrheit: Untersuchungen, die nach der Einlieferung des Mannes ins Universitätsklinikum Rudolf Virchow (UKRV) gemacht wurden, belegen entgegen den offiziellen Erklärungen von Justizsprecherin Uta Fölster eindeutig, daß der gebürtige Bernburger von hinten getroffen wurde.

Die Kugel aus der Waffe des Polizeibeamten prallte hinten oben rechts vom Schädel des Mannes ab. Die durch den Streifschuß verursachte Verletzung führte zum Bruch der Schädelknochen und damit zu einer Hirnschwellung, die letztlich den Tod des 28jährigen Mannes verursachte. Mindestens dreißig medizinischen Mitarbeitern des UKRV ist diese durch Fakten belegte Diagnose bekannt. Sie könnten somit – wenn sie von ihrer Schweigepflicht entbunden werden – unter Eid bezeugen, daß der Mann nicht von vorn getroffen wurde. Darüber hinaus wurden diese Untersuchungsergebnisse dokumentiert und könnten jederzeit eingesehen werden.

Jochen M. hatte in der Nacht zum Donnerstag zusammen mit zwei Begleitern versucht, in ein Büro im Bezirk Mitte einzubrechen. Die von einem Anwohner alarmierte Polizei überraschte die drei Männer, einer der Beamten schoß auf den 28jährigen. Die beiden anderen mutmaßlichen Einbrecher wurden festgenommen. Bereits am Samstag berichtete die taz aufgrund ihr vorliegender Informationen, daß die Kugel aus der Waffe des Polizeibeamten Jochen M. von hinten traf. Flugs folgte das Dementi der Justizverwaltung, die bis dahin nicht zu Auskünften bereit gewesen war: Jochen M. sei von vorne erschossen worden, teilte Justizsprecherin Uta Fölster mit. Dies gehe sowohl aus dem Obduktionsbericht wie auch aus den bisherigen Ermittlungen hervor.

Nähere Angaben wollte Fölster mit Hinweis auf die noch laufenden Ermittlungen jedoch auch weiterhin nicht machen. Die Staatsanwaltschaft führt zur Zeit gegen den Polizeibeamten ein Verfahren wegen des Verdachts auf Totschlag. Unklar bleibt, ob der Beamte in Notwehr schoß oder zumindest glaubte, bedroht zu sein. Ebenfalls unklar: ob und womit Jochen M. bewaffnet war. Eine Schußwaffe trug der Mann mit Sicherheit nicht. Martina Habersetzer