Tod bleibt rätselhaft

■ Polizeibeamter noch immer nicht zum Hergang des tödlichen Schusses vernommen / Staatssekretär schweigt

Der Polizeibeamte, der in der Nacht zum Donnerstag auf den mutmaßlichen Einbrecher Jochen M. geschossen hatte, ist noch immer nicht vernommen worden. Jochen M. war noch in der gleichen Nacht an den Folgen der Schußverletzung gestorben, gegen den Polizisten wird wegen Verdachts auf Totschlag ermittelt. Warum der Beamte nach immerhin fünf Tagen noch immer nicht angehört wurde, konnte Detlef Borrmann, Staatssekretär der Justizverwaltung, gestern gegenüber der taz nicht beantworten. Er versicherte jedoch, daß dies heute geschehen werde.

Bis dahin könnten keine weiteren Informationen über den Fall an die Öffentlichkeit gegeben werden. Auch im Innenausschuß hielt sich Borrmann gestern bedeckt: Er wolle dem Beschuldigten ein faires Verfahren ermöglichen und jegliche Vorverurteilungen in der Öffentlichkeit verhindern. Ein Ausschluß der Öffentlichkeit wurde von der Ausschußmehrheit – darunter auch die SPD-Fraktion – abgelehnt. Die Kontrolle der Exekutive durch den Innenausschuß sei aufgrund der fehlenden Informationen unmöglich gemacht worden, erklärte daraufhin gestern der Fraktionsvorsitzende der Partei Bündnis 90/Grüne, Wolfgang Wieland. Bei dieser Geheimhaltungspolitik brauche sich der Senat nicht zu wundern, daß nunmehr Verdächtigungen und Vermutungen ins Kraut schössen. Ausschußvorsitzender Helmut Hildebrandt (SPD) sprach sogar von einer „Anmaßung der Staatsanwaltschaft“. Der CDU-Abgeordnete Dieter Hapel dagegen forderte zu „äußerster Zurückhaltung“ auf.

Im übrigen hält die Staatsanwaltschaft daran fest, daß der 28jährige Jochen M. von vorn getroffen worden sei. Nach dem bisherigen Obduktionsergebnis sei die Kugel unter dem Kinn ein- und am rechten Hinterkopf ausgetreten, erklärte gestern Uta Fölster, Sprecherin der Justizverwaltung. Dem stehen Informationen der taz gegenüber, wonach der gebürtige Bernburger durch einen Streifschuß von hinten getroffen wurde.

Nach Angaben der Polizei hatten Jochen M. und seine beiden Begleiter Lothar H. und Detlef M. für ihren versuchten Einbruch in das interkulturelle Frauenzentrum im Bezirk Mitte kein politisches Motiv. An diesem Tag fand dort ein russischer Abend statt, angeblich hatten es die drei Männer auf die Eintrittsgelder abgesehen. maz