■ Das Portrait
: Heintje Simons

Es war kurz vor seinem 14. Geburtstag. An einem schönen Frühjahrsmorgen anno 1969 wachte der kleine Hendrik Nikolas Theodor Simons nichtsahnend auf und wollte seiner Maama Mamatschi ein fröhliches „Goede morgen!“ entgegenträllern. Da! Welch Krächzen! Welch Brummen! Was für ein angerauhtes Hintergrundtimbre! Und er ahnte: Das ist der Stimmbruch! Damit begann, heute genau vor 25 Jahren, wie wir aus zuverlässiger familiärer Quelle erfuhren, pubertätsbedingt die Zäsur in einer großen Karriere. Ein gauöses Debakel für das deutsche Schnulzenwesen. Mama weinte weisungswidrig. Heintjes glockenhelle Stimme war dahin.

Was die Biologie so abrupt beendete, hatte sie ganz am Anfang noch besonders begünstigt. Im zarten Alter von fünf Wochen war Heintje, wie eine zeitgenössische Biographie hervorhebt, an Keuchhusten erkrankt. Krankenhaus! Lebensgefahr! Doch Heintje pustete die Lungen so richtig frei und trainierte sie zielsicher für spätere Hits wie „Heidschi Bumbeidschi“, „Omi so lieb“, „Ich bau dir ein Schloß“ und natürlich für „Maama“. Seine besonderen Erfolge in Deutschland hatten einen ganz simplen Grund: In seiner niederländischen Heimat hatte er keine Auftrittserlaubnis. Denn Singen galt beim Nachbarn bis zum Alter von 14 als verbotene Kinderarbeit.

Heintje (übersetzt: Heinzchen) heimste 40 Goldene Schallplatten ein. Der Film präsentierte den Jungen mit den abgekauten Fingernägeln in Hauptrollen mit Gesangesdarbietungen. Doch nicht jeder liebte ihn. Das Munzinger-Archiv: „Seine Lieder sind von ausgesuchter Geschmacklosigkeit.“ Die FAZ: „Heintje ist ein gerissener Kerl, ein Sympathiefänger. Er singt fürchterliches Zeug.“ Überliefert ist, daß er am liebsten Bratwurst mit Fritten aß, Hollands Nationalgemüse Spargel indes (womöglich aus Rache für die Heimatvertreibung) ausdrücklich verabscheute.

Mustersohn Foto: Archiv

Seit den 70er Jahren lebt er im belgischen Grenzgebiet nahe Aachen und versuchte mit „Heintje's Reiterhof“ geschäftlich zu reüssieren. Dann, in den Achtzigern, betrieb Heintje einen Videohandel in Aachen – und sah sich bald wegen Raubkopien vor Gericht. Als die Mauer fiel, tat sich mit einem Mal ein Markt von 16 Millionen Deutschen auf, der in den 60ern noch nicht von ihm verwöhnt worden war. Und seitdem tingelt H., wiewohl ohne den makellosen Glockenklang von einst, durch Festzelte und Kneipensäle in Neufünfland. -müll-