Asyl im Gotteshaus

■ Ökumenische AG „Asyl in der Kirche“ soll länderübergreifend koordinieren

Als die Evangelische Akademie Mülheim im Februar 94 zur ersten bundesweiten Konferenz bat, da fanden sich 150 Delegierte aus evangelischen und katholischen Kirchengemeinden aus ganz Deutschland an der Ruhr ein. Am Ende der Tagung stand die Gründung der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“. Diese Organisation soll den Informationsaustausch kirchlicher Asylinitiativen fördern und helfen, länderübergreifende Aktionen zu koordinieren. Wolf-Dieter Just, einer der Initiatoren, weiß von „weit über 200 Kirchengemeinden, die prinzipiell bereit sind, Kirchenasyl zu gewähren“. Rund 2.000 abgelehnte Asylbewerber fanden seit 1983 auf unterschiedliche Weise in kirchlichen Räumen Unterschlupf – in den allermeisten Fällen mit Wissen der Behörden.

Während SPD- und CDU-Politiker diese Form des Widerstands gegen staatliche Asylentscheidungen unisono als Mißachtung des Rechts geißeln, behauptet der Arbeitskreis „Asyl in der Kirche“ in einer Erklärung das genaue Gegenteil: „Kirchenasyl hatte und hat nicht den Sinn, Recht zu brechen, sondern dem Recht Geltung zu verschaffen.“ Gerade in einer vom „Abschieberigorismus“ geprägten Zeit, in der es den meisten Politikern vor allem darum gehe, „Flüchtlinge loszuwerden“, so Just, sähen die kirchlichen Asylbefürworter es als ihre Plicht an, jeden Einzelfall im Hinblick auf die im Grundgesetz garantierte „Achtung der Menschenrechte“ zu überprüfen. Just verweist auf die „zunehmend miserable Qualität von Asylentscheidungen“. In der Praxis sei das kirchliche Asylengagement „hundertfach bestätigt worden“, denn bei den meisten der 2.000 in die Kirchen geflüchteten Menschen sei wegen offensichtlicher Irrtümer und fehlerhafter Bewertung der Gefährdungslage die staatliche Abschiebeentscheidung revidiert worden. Just wörtlich: „Es sind inzwischen viele Fälle dokumentiert, wo durch Kirchenasyl konkrete Gefahren für Leib und Leben der Flüchtlinge abgewendet werden konnten.“

Just plädiert dafür, Kirchenasyl öffentlich zu gewähren, denn „Verstecken hat keine Perspektive“. In der Regel hält sich dabei auch die Polizei zurück, ganze vier Fälle sind aus den letzten elf Jahren bekannt, in denen die Polizei in kirchliche Räume eindrang, um Flüchtlinge festzunehmen. Die Justiz hat auf die christlichen Asylhelfer mit einer Reihe von Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt reagiert. Fast alle Verfahren wurden eingestellt. Nur aus Nürnberg ist eine Verurteilung bekannt. Sechs Pfarrer mußten mit einer Ordnungsstrafe von 250 Mark für ihre christliche Tat büßen. Walter Jakobs