„Verdacht reduziert“

■ Antifa-Prozeß: Gericht gegen Einstellung

Überraschende Wende im Pinneberger Prozeß gegen sechs junge Türken um den Überfall auf die Zentrale der faschistischen „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP) in Halstenbek. Staatsanwalt Helmut Pattet stimmte gestern einer von der Verteidigung beantragten Einstellung des Verfahrens zu. Das Gericht jedoch lehnte ab.

In dem Verfahren geht es um eine „Antifa-Aktion“ gegen ein Neonazi-Treffen in der FAP-Geschäftsstelle am Krupunder Bahnhof eine Woche nach den Mordanschlag von Mölln 1992. 30 Antifaschisten hatten damals versucht, dieses Treffen zu verhindern und die Wohnung zu stürmen. Dabei kam es vor der Tür zu handfesten Auseinandersetzungen, in deren Verlauf vier Neonazis heftige Blessuren davontrugen und ein Auto mit Wachposten demoliert wurde. Ein weiterer Neonazi wurde durch Messerstiche verletzt.

Die bisherige Beweisaufnahme hätte den Verdacht gegen die Angeklagten nicht erhärtet, sondern eher reduziert, begründete Pattet seine Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens. Nach dem heutigen Sachstand trügen die Angeklagten als „nur am Rande Beteiligte“ eine geringfügige Schuld, und weitere Zeugen würden zur Tat nur wenig sagen können. Zumindest hätten die Zeugen die Angeklagten laut den bisherigen Vernehmungen nicht wiedererkannt, keinem könne eine Tat zugeordnet werden.

Dagegen erklärte der Richter Hans-Werner Ingwersen, es gebe noch Zeugen – nämlich aus der Neonazi-Szene – die dem Gericht weitere Aufschlüsse über den Verlauf des Überfalls geben könnten. Sollte sich der Fall anschließend so wie jetzt darstellen, würde das Gericht möglicherweise einer Einstellung zustimmen.

Der Prozeß wird am 26. April fortgesetzt. Peter Müller