Dummdreister Brücken-Trick

■ Bausenator Eugen Wagner täuscht Senat und Bürgerschaft / Protest in Wilhelmsburg gegen Abriß der Brücke des 17. Juni Von Uli Exner

Eugen Wagner gab sich volkssportlich: 9,45 Millionen Mark, so teilte der stets um Bauernschläue bemühte Bausenator den Sparkommissaren um Ortwin Runde und Henning Voscherau mit, werde seine Behörde allein durch den „Verzicht auf die Grundinstandsetzung der Brücke des 17. Juni“ einsparen. Behörden-Sparquote für 1994 erfüllt, alles prima also.

Von wegen. Hinter dem von Runde am Dienstag vergangener Woche arglos übernommenen Begriff „Verzicht auf die Grundinstandsetzung“ verbirgt sich nichts anderes als der geplante Abriß der, mit Ausnahme zweier Autobahnen, einzigen Straßenverbindung zwischen Harburg und - genau - Wilhelmsburg. Jenem Stadtteil also, in dem „die Volksseele“, so Harburgs Bezirksamtsleiter Michael Ulrich, „ohnehin kocht“. Ausgerechnet dort will der Bausenator die Sparbirne pendeln lassen, ausgerechnet dort soll der größte Einzelbetrag aus dem 94er Investitionsetat eingespart werden?!

Wagners dummdreister Provinzpolitiker-Trick ist nicht schwer zu durchschauen. Er setzt darauf, daß sein Einsparvorschlag politisch nicht durchsetzbar ist und sein Ressort auf diesem Weg um Sparmaßnahmen herumkommt. Motto: Was kann denn der arme Bausenator dafür, wenn sein eiserner Sparwille nicht umgesetzt wird? So wird die Senatoren-Weste weiß, und die Baukasse bleibt prall gefüllt.

Senators Plan funktioniert prächtig, bisher jedenfalls. Bezirkamtsleiter Ulrich, wie Wagner SPD-Mitglied, weiß, daß die „Wilhelmsburger darauf bestehen werden, daß die Brücke des 17. Juni ordnungsgemäß instandgesetzt wird“. Die sei schließlich die einzige normale Straßenverbindung zwischen Harburg und Wilhelmsburg und werde dringend benötigt. Es sei „schlechterdings nicht vorstellbar, daß der Senat im Zuge seiner Sparmaßnahmen eine ausgewachsene Elbbrücke abreißt.“

Selbst die GAL, sonst Auto-verkehrsbeschränkenden Maßnahmen durchaus zugeneigt, schäumt angesichts der Abrißdrohung. Weit abseits üblicher grüner Argumentationsketten befürchtet die Harburger GAL-Fraktion, daß ohne die Brücke „Pendler gezwungen wären, mit der S-Bahn zu fahren, was einen enormen zusätzlichen Zeitaufwand bedeuten würde“. Die GAL als Partner des Autofahrers. Eugen sei Dank, das gab's schon lange nicht mehr.

Wagners Behörde hält sich, auf die Brückenpläne angesprochen, bedeckt. „Verzicht auf Grundinstandsetzung“ gleich Abriß? Pressesprecher Matthias Thiede pendelt zwischen Dementi und Bestätigung, weiß nichts Genaues, meint aber, „daß es darauf hinauslaufen“ könne. Allerdings: Abrißkosten seien im mittelfristigen Finanzplan noch nicht enthalten. Auch in der Pressestelle des Wilhelmsburg-erfahrenen Bürgermeisters betonte Zurückhaltung: Mit den einzelnen Spar-Positionen habe sich der Senat nicht befaßt, das sei Sache der Behörden.

Und der Bürgerschaft, die dem Wagner-Trick bei den Haushaltsberatungen in der kommenden Woche zustimmen soll.

PS: Die Abrißkosten für die Brücke des 17. Juni (nicht im Haushaltsplan enthalten) werden auf fünf Millionen Mark geschätzt.