Kein Öko-Siegel für Raps-Diesel

■ Grüne: Verstärkter Treibhauseffekt bei Massenanbau von Raps

Leuchtendgelbe Rapsfelder sollen in Norddeutschland zum Symbol für umweltfreundlicheres Autofahren werden. In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg ist der zügige Ausbau von Tankstellen für Bio-Diesel aus Rapsöl geplant. Von dieser Vorreiterrolle profitiere nicht nur die Umwelt, sondern auch die Bauern, die die Ölpflanze auf Stillegungsflächen anbauen, meint der niedersächsische Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke.

Er weiß sich einig mit den mit der Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord (RHG) in Hannover, dem Düsseldorfer Chemiekonzern Henkel, der VW AG und dem ADAC, die die Vermarktung vorantreiben. Bündnis 90/Die Grünen im Landtag halten dagegen: Der vermeintliche Öko-Sprit erhöhe den Treibhauseffekt, so ihr Sprecher Erich von Hofe.

Bei einem Verbrauch von jährlich 20 Millionen Tonnen Diesel in der Bundesrepublik rechnet sich RHG-Vorstand Nikolaus von Veltheim künftig für den Rapsmethylester einen Marktanteil von immerhin fünf bis acht Prozent aus. Derzeit sei das Produkt ein Treibstoff für Nischenmärkte. Bei kommunalen Fahrzeugen, Taxen und in der Binnen- und Sportschiffahrt könne der Bio-Diesel jedoch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem er auch die Rohölvorräte schone.

Seine Feuerprobe hat der Öko-Kraftstoff von Veltheim zufolge längst bestanden. Rund 40 Traktoren seien ein Jahr lang mit Bio-Diesel betankt und in der Praxis getestet worden. „Das Ergebnis: volle Leistung ohne technische Defekte.“ Ein Langzeitversuch bei der ADAC-Straßenwacht soll jetzt die Effizienz im Auto-Bereich unter Beweis stellen. Henkel, in dessen Anlagen das Rapsöl zum Treibstoff verarbeitet wird, rechnet mit einer stetig steigenden Nachfrage. Dieser sind allerdings durch die EU Grenzen gesetzt. Insgesamt darf in Europa nur auf einer Fläche von einer Million Hektar Raps angebaut werden.

Im Vergleich zu normalem Diesel werden die Treibhausgase beim Rapspodukt um mindestens 30 Prozent reduziert, haben Experten für VW herausgefunden.

„Beim Anbau von Raps wird Lachgas freigesetzt, das die Luft 300 Mal so stark belastet wie Kohlendioxid“, meint dagegen von Hofe. Zudem belege eine Studie des Bundesumweltamtes, daß der Schadstoffausstoß von Diesel aus Rapsöl und dem herkömmlichen Produkt fast gleich seien. Angesichts der niedrigen Weltmarktpreise bringe der Anbau der Ölpflanze den Bauern auch keinen wirtschaftlichen Nutzen. Außerdem würden durch den weiträumigen Anbau von Rapspflanzen zuviel Flächen belegt: „Selbst wenn die gesamte Bundesrepublik mit Raps bepflanzt würde, könnte nur etwa 15 Prozent des Dieselverbrauchs in Deutschland auf Diesel aus Rapsöl umgestellt werden.“

Bislang ist der alternative Treibstoff ohnehin noch längst nicht überall zu haben. Derzeit gibt es in Deutschland 23 Tankstellen, davon 15 in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Die RHG will nun alle Raiffeisen-Tankstellen mit Zapfsäulen für Bio-Diesel ausgerüsten. „Wir beliefern rund 170 Tankstellen und sind einer der bedeutendsten Mineralölhändler Norddeutschlands“, sagt von Veltheim. Zusätzlich würden die VW/Audi-Händler in den größten norddeutschen Städten mit Zapfhähnen versorgt – hat doch Volkswagen Anfang April den Golf Ecomatic für den Betrieb mit Rapsmethylester freigegeben.

Steigt die Mineralölsteuer, können sich die Raps-Verfechter die Hände reiben. Denn dann könnte der unbesteuerte Ersatz-Kraftstoff, der zur Zeit trotzdem noch einige Pfennige teurer ist, endlich mit dem konventionellen Diesel konkurrieren. Es bleibt allerdings der Einwand, daß sein Verbrauch wegen niedrigerer Energiedichte leicht höher ist.

Regina Weinrich, dpa