: Goldene Nase in der Handwerkskammer
■ Kammerpräsident Hans-Dieter Blaese wegen Ämterhäufung kritisiert / Blaese kandidiert bei der morgigen Vorstandswahl für weitere fünf Jahre
Wegen Ämterhäufung und hohen Ausgaben für Repräsentationszwecke ist der Präsident der Handwerkskammer Berlin, Hans- Dieter Blaese, in die Kritik geraten. Nach 14jähriger Tätigkeit als Kammerpräsident kandidiert Blaese bei der Vorstandswahl am Donnerstag für eine weitere Amtsperiode von fünf Jahren.
Neben seinem Präsidentenamt hat Hans-Dieter Blaese – hauptberuflich Inhaber eines Holzbaubetriebes – mindestens weitere neun Ämter inne. Er leitet die Aufsichtsräte der Berliner Volksbank und der Berliner Gesellschaft für deutsch-türkische wirtschaftliche Zusammenarbeit und bekleidet drei Aufsichtsratsposten bei den Inter-Versicherungen in Mannheim. Außerdem amtiert Blaese als Vizepräsident des Zentralverbandes des deutschen Handwerks und der europäischen Handwerksorganisation UEAPME. Nebenbei sitzt er im Beirat der Feuersozietät-Versicherung Berlin und im Rundfunkrat.
Interne Kritiker aus der Kammer, die der taz bekannt sind, wiesen darauf hin, daß Blaese mit seinen diversen Ämtern beträchtliche Summen hinzuverdiene. Während er für seine Arbeit als Kammerchef 37.200 Mark Aufwandsentschädigung pro Jahr bekommt, belaufen sich die Nebeneinkünfte auf mindestens 65.000 Mark jährlich. Diese Summe kann aber auch sehr viel höher liegen – einige Organisationen wollten die Honorare nicht bekanntgeben. Auch der Präsident nannte gegenüber der taz keine Zahlen, meinte aber, daß „65.000 Mark nicht stimmen“.
Rückendeckung erhält Blaese von seinem Kammervorstand. Uwe Bünger, Obermeister der Fleischerinnung Berlin, hält die Tätigkeit Blaeses bei den Mannheimer Versicherungen für „legitim und richtig“. Begründung: Die berufsständischen Inter-Versicherungen böten spezielle Leistungen für Handwerker an. Zumindest in einem Fall paßt dieses Argument jedoch nicht: Daß Hans-Dieter Blaese als Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Volksbank Einfluß zugunsten der Handwerkerschaft ausüben könne, sei so gut wie ausgeschlossen, sagte Volksbank-Sprecher Gernot-Michael Pauli.
Berlins oberstem Handwerker werden auch übertriebene Repräsentationskosten vorgeworfen. Über 40.000 Mark soll er 1992 für den fünftägigen Besuch einer Delegation der Pariser Handwerkskammer ausgegeben haben, die mit der Berliner Kammer in Partnerschaft verbunden ist. Eine ähnliche Summe soll 1993 der Besuch der Istanbuler Partnerorganisation gekostet haben – ohne daß der Nutzen für Berlins Handwerk erkennbar gewesen sei. Hans-Dieter Blaese begründete die Ausgaben so: Bei den Besuchen sei unter anderem über die Kooperation bei der Lehrlingsausbildung und den Aufbau von Werkstätten in der Türkei verhandelt worden.
Dritter Kritikpunkt an Blaese: Er habe den Ankauf eines neuen Geländes für die Lehrlingsausbildung bei Bernau im Norden Berlins vorangetrieben, das Kosten von 230.000 Mark jährlich mit sich bringe. Von den Berliner Innungen werde es wegen der großen Entfernung aber kaum genutzt.
Weil eine Pflicht zur Mitgliedschaft besteht, finanzieren alle Berliner Handwerksbetriebe die Tätigkeit der Kammer mit ihren Gebühren. Hannes Koch
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