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Ein Gütesiegel für korrekte Blumen

■ Für billige Blüten werden die Menschenrechte mit Füßen getreten

Brüssel (taz) – Der Verband der kolumbianischen Blumenproduzenten war in Mannschaftsstärke nach Brüssel gereist, um seine Interessen zu verteidigen. Allein die Ankündigung von Organisationen wie terre des hommes, Brot für die Welt, Frauensolidarität und der Menschenrechtsgruppe FIAN, über soziale Mindeststandards auf den Blumenplantagen zu diskutieren, hatte in dem südamerikanischen Land große Nervosität ausgelöst. Schnittblumen sind einer der wichtigsten Exportartikel Kolumbiens, und Hauptabnehmer sind die Länder der Europäischen Union.

80.000 Menschen arbeiten auf den kolumbianischen Blumenfeldern, die meisten davon sind Frauen. Die Bezahlung ist lausig, und die Arbeitsbedingungen sind miserabel. Die Mitgliedschaft in einer freien Gewerkschaft ist lebensgefährlich. Bei einer Anhörung des Europäischen Parlaments in Brüssel klagten kolumbianische Blumenarbeiterinnen vor allem über den rabiaten Einsatz von Pestiziden. Pro Hektar werden im Extremfall bis zu 250 Kilo gefährlicher Gifte verspritzt. Und weil Arbeitsschutzmaßnahmen aus Kostengründen eingespart werden, haben die meisten Arbeiterinnen bereits mehrere Pestizidvergiftungen hinter sich. Das ständige Kopfweh gehört zum Leben.

Kolumbien steht nicht alleine da

Kolumbien ist nur ein Beispiel. Ähnlich sieht es auch in anderen Blumen-Anbauländern wie Kenia, Peru oder den Philippinen aus. 1991 schlossen sich mehrere Dritte-Welt-Organisationen zur „Blumenkampagne“ zusammen, um Druck zu machen. Seit vor einem Jahr der Verband der deutschen Blumenimporteure (BGI) die Idee von einem „Gütesiegel“ für menschenwürdig produzierte Blumen aufgriff, hat die Kampagne zusätzliches Gewicht bekommen.

Gütesiegel ist eigentlich nicht ganz das richtige Wort, weil es nichts über die Qualität aussagen, sondern garantieren soll, daß die Blumen aus einem Betrieb kommen, der alle sozialen, arbeits- und gesundheitsrechtlichen Vorschriften Kolumbiens einhält. Ein internationales Gremium soll die Kontolle der Betriebe sicherstellen und außerdem dafür sorgen, daß im Umgang mit Agrargiften auch die internationalen Regeln eingehalten werden.

Bisher war das Vorhaben vor allem am Widerstand des kolumbianischen Blumenzüchterverbandes Asocolflores gescheitert. Und auch bei der Anhörung in Brüssel wiesen die Vertreter von Asocolflores, aber auch die kolumbianische Botschaft die Forderung nach sozialen Vorschriften erst einmal als verkapptes Handelshemmnis zurück.

Das Thema ist in der Tat heikel, seit einige Regierungen aus Industrieländern den Schutz der Arbeiter in der Dritten Welt als nettes Argument benutzen, um sich Billigkonkurrenz vom Leib zu halten. Auch die Anhörung in Brüssel bekam manchmal diesen Zungenschlag, vor allem, wenn die holländischen Blumenanbauer über ihr eigenes Gütesiegel philosophierten. Frank Braßel von der Menschenrechtsorganisation FIAN beeilte sich deshalb hervorzuheben, daß es bei der Blumenkampagne keinesfalls um einen Boykott der kolumbianischen Blumen gehe, der die Blumenarbeiterinnen lediglich arbeitslos machen würde.

Unter dem Druck von Parlamentariern und Importeuren scheint Asocolflores inzwischen bereit zu sein, das Gütesiegel mit den damit verbundenen Kontrollen zu akzeptieren. Für Kolumbien steht viel auf dem Spiel. Das Land hat für seine Blumen vor drei Jahren von der EG Zollfreiheit zugestanden bekommen, um Alternativen zum Drogenanbau zu entwickeln. Der kolumbianische Blumenexport hatte in den letzten Jahren zweistelligen Zuwachsraten, und die Regierung baut auf weitere Absatzsteigerungen in Europa. Doch Ende des Jahres will die Europäische Kommission das Abkommen überprüfen. Bis dahin könnte auch das Gütesiegel auf dem Markt sein. Alois Berger

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