Klaus Töpfer will über den Bundesbunker alleine herrschen

■ Bund entzieht Hessen erneut die Atomaufsicht

Frankfurt/Main (taz) – Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) hat gestern seinen hessischen Amtskollegen Joschka Fischer (Bündnis 90/ Die Grünen) erneut gedeckelt: Mit einer Weisung nach Artikel 85 Grundgesetz zwang Töpfer seinen Kontrahenten zur Zurücknahme einer im Herbst 1993 vom hessischen Umweltministerium an Siemens ergangenen aufsichtsrechtlichen Weisung. Fischer hatte damals bestimmt, daß die Firma ohne Zustimmung der Aufsichtsbehörde keine MOX-Brennelemente aus dem Bundesbunker heraus über das Firmengelände transportieren dürfe.

Mit Rückendeckung durch das Bundeskabinett hat Töpfer dem hessischen Umweltminister jetzt die Zuständigkeit für den „Transportweg“ der plutoniumhaltigen Brennelemente durch Räume der Firma Siemens und über das Firmengelände in Hanau entzogen. Für den Abtransport alleine zuständig sei jetzt das direkt dem Bundesumweltministerium unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Nach Auffassung des hessischen Umweltministeriums ist diese Aktion Töpfers auch ein Affront gegen das Atomgesetz, das die Zuständigkeit für die Atomaufsicht den Ländern zuordnet.

Doch Bundesrecht bricht Landesrecht – so steht es in Artikel 85. Selbst wenn also die Weisung von Töpfer rechtswidrig sein sollte, so Renate Gunzenhauser vom hessischen Umweltministerium, habe die Landesregierung keine Interventionsmöglichkeiten gegen die Bundesweisung. So hat es auch das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Hintergrund der Weisung ist offenbar der bevorstehende Brennelementewechsel im bayerischen Atomkraftwerk Gundremmingen. Nachdem die bayerische Landesregierung per Sofortvollzug den Einsatz von MOX-Brennelementen in dem Meiler genehmigt hatte, soll der Reaktor jetzt mit den 16 dafür vorgesehenen MOX-Elementen aus dem Bundesbunker bestückt werden. An der hessischen Atomaufsicht vorbei sollen danach, so wie vom BfS befürwortet, die mehr als 100 MOX-Brennelemente aus dem Bundesbunker herausgeholt werden, damit sie anschließend in der schottischen Nuklearanlage Dounray zwischengelagert werden können.

Nach Informationen der taz befürwortet die BfS inzwischen den Lufttransport dieser plutonium- und uranhaltigen Brennelemente über einen Flugplatz in Rheinland- Pfalz. Im Hause Töpfer wird dagegen noch überlegt, ob der umstrittene Lufttransport im Superwahljahr eine sinnvolle PR-Aktion für die Union ist – oder vielleicht eher doch nicht. Klaus-Peter Klingelschmitt