Schlußakkord

■ Wird der „Klangkörper“ der Polizei nach 100 Jahren in Pension geschickt?

Was die taz kann - am 15. Geburtstag ihren Chefredakteur nebst halbem Vorstand feuern - kann Innensenator Werner Hackmann schon lange: Ausgerechnet am heutigen 100. Geburtstag des Hamburger Polizeiorchesters wird er wohl am Nachmittag das Ende des „Klangkörpers“ verkünden - aus Spargründen.

Zwei Weltkriege hat es überstanden, den Spar-Attacken von Politikern getrotzt und mehrere vorübergehende Auflösungen und Namensänderungen über sich ergehen lassen. Heute feiert das Hamburger Polizeiorchester seinen 100. Geburtstag. Von der Musikkapelle, die auf Beerdigungen und Gartenfesten spielte, hat sich der gegenwärtig aus 39 Musikern bestehende „Klangkörper“ der Polizei zu einem Orchester mit zahlreichen Medien- und Auslandsauftritten gemausert. 1965 beispielsweise durften die Hamburger Polizeimusiker anläßlich des damaligen Deutschlandbesuches gar vor der britischen Königin spielen.

Seit 1894 bemühen sich die Musiker in Uniform, nach dem Motto „Taktstock statt Schlagstock“ dem Bürger die Polizei im positiven Sinne näherzubringen. Damals schätzte die Bevölkerung die „Kapelle der Schutzmannschaft“ vor allem wegen ihrer zackigen Blasmusik und ihres schneidigen Auftretens in Uniform. Das Repertoire der Musiker in Polizeiuniform ist seitdem wesentlich umfangreicher geworden und beschränkt sich nicht mehr auf Märsche und Traditionelles. Heute versucht das Orchester, sein Publikum auch mit Pop-Rhythmen wie Michael Jacksons „Beat it“, Rock-'n'-Roll-Klängen oder gefühlvollem Swing wie der „Moonlight Serenade“ von Glenn Miller zu begeistern.

Seit Januar 1992 werden Hamburgs musizierende Schutzleute als erstes Polizeiorchester Deutschlands von einer Frau dirigiert. Die in New York geborene 34 Jahre alte Kristine Kresge kann über Mangel an Arbeit nicht klagen: Allein im vergangenen Jahr trat das Ensemble 187mal auf, so auch bei der Aktion „Stoppt den Haß“ gegen Fremdenfeindlichkeit.

Während also heute morgen noch groß Geburtstag gefeiert wird, ist heute nachmittag vermutlich Katerstimmung angesagt: Es gilt als sicher, daß das Orchester im Interesse der Haushaltskonsolidierung ausswingt. Einziger Trost für die Musiker in Uniform: Vermutlich werden auch die BeamtInnen der umstrittenen E-Schichten sowie die stadtweit operierende ZivilfahnderInnen-Gruppe in das „Streichkonzert“ einbezogen und die Hauertrupps aufgelöst.

Kai von Appen/lno