■ Nachgefragt
: „Frauen als Basis“

Die 42jährige Bremer Professorin Susanne Schunter-Kleemann kandidiert auf Platz drei der PDS-Liste zur Europawahl. Die Soziologin und Politologin arbeitet seit 1976 im Fachbereich Wirtschaft der Bremer Hochschule. Seit 1983 ist sie Vertreterin der GEW im Kreisfrauenausschuß des DGB.

taz: Wie kommen Sie als Bremer Professorin zu der Ehre, einen Platz ganz oben auf der PDS-Europa-Wahlliste zu bekommen?

Susanne Schunter-Kleemann: Ich glaube das hängt damit zusammen, daß ich mich seit fünf Jahren ziemlich intensiv mit Problemen der europäischen Integration befaßt habe, insbesondere mit sozial- und frauenpolitischen Fragen. Ich habe dazu zwei Bücher herausgegeben und gelte damit in einschlägigen Kreisen als einigermaßen qualifiziert.

Haben Sie Kontakt mit der Bremer PDS?

Nein, ich bin parteilos und hatte eigentlich auch gar nicht vor, mich jetzt wieder in die Politik einzumischen...

Was heißt wieder?

Ich habe 30 Jahre lang Politik gemacht. Das hat 1964 im SDS angefangen, ich war mal maoistisch orientiert, war in der DKP...

Wann sind Sie ausgetreten?

Gottseidank Anfang 88 als die internen Auseinandersetzungen zunahmen.

Fühlen Sie sich im PDS-Ambiente wohl?

Als ich vor dem Parteitag das erste Mal da war, habe ich erstmal einen Schreck gekriegt. Allerdings war ich dann auf der großen Demonstration anläßlich des Todestags von Luxemburg und Liebknecht. Es hat mich außerordentlich bewegt, wie dort zehntausende zusammenkamen. Nachdem ich in Bremen in den letzten fünf Jahren recht einsam mit meinem Computer gelebt habe, war es schon überraschend, welche Mengen zu dem Thema auf die Straße gegangen sind.

Sie glauben nicht, daß das vor allem Ostalgie ist?

Ich glaube, die Probleme sind zu gravierend in Ostdeutschland, als daß das nur Nostalgie sein könnte. Das mag bei einigen eine Rolle spielen, aber solange die Nostalgie sich auf Arbeitsplatzsicherheit und Beschäftigung bezieht, ist sie auch berechtigt.

Würden Sie gewählt, wo würden Sie dann Ihre politische Basis sehen?

Einerseits sind meine Basis generell Frauen in der Bundesrepublik aber auch nicht nur. Dazu gehören auch Ausländerinnen, für die ich mich besonders einsetzen möchte. Ich würde aber auch in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik im weiteren Sinne arbeiten wollen. Es ist noch nicht geklärt, in welchem Ausschuß ich arbeiten werde. Das hängt auch von der Gesamtzusammensetzung der linken Fraktionen ab, mit denen die PDS zusammenarbeitet.

Eine lokale Basis haben Sie nicht hier in Bremen?

Ich habe hier in den letzten zehn Jahren sehr intensiv Frauenpolitik gemacht, und denke, daß ich damit eine gute Basis habe. Ich wüßte auch nicht, daß ich irgendwo scharfe Gegnerinnen hätte. Ich bin als gewerkschaftlich nahe, sozialistische Sozial- und Frauenpolitikerin bekannt und von daher denke ich, daß ich mich immer wieder auf Frauen hier in Bremen beziehen kann.

Wieviel Prozent wollen Sie denn in Bremen bekommen?

Ich habe ja 1983 für die BAL (Betrieblich Alternatives Bündnis) kandidiert, und da war ich ganz sicher, daß wir fünf Prozent schaffen. Nachher waren es 1,5. Insofern bin ich jetzt vorsichtig.

Fragen: Dirk Asendorpf