Addio Afrika?

■ Eine Kontroverse auf dem TV-Workshop Entwicklungspolitik

Wer spricht eigentlich noch über Entwicklungspolitik? Auch im Fernsehen wird das Thema seit längerem zugunsten anderer, vermeintlich wichtigerer und aktueller Themen vernachlässigt. Das wurde jetzt auch auf dem TV- Workshop „Entwicklungspolitik“ der Evangelischen Akademie in Arnoldshain deutlich. Von den 69 Filmen und Videos über die sogenannte Dritte Welt, die dort vom 11. bis 15. April zu sehen waren, hatten nur wenige das Zeug, Interesse für die Anliegen der armen Länder zu wecken. Vor allem in formaler Hinsicht erschöpften sich die Beiträge aus den beiden vergangenen Jahren zumeist in der Reproduktion konventioneller Darstellungsmuster.

Zumindest inhaltlich zu provozieren vermochte allerdings der Dokumentarfilm „Addio Afrika“ von Peter Krieg, einem ausgewiesenen Kenner der Materie. Mit der polemischen Frage: „Ist Afrika vielleicht so arm wegen unserer Hilfe?“ löste der Film unter den Teilnehmern eine heftige Kontroverse aus. „Addio Afrika“ stützt sich hauptsächlich auf Aussagen des deutschen Volkswirts und Agrarökonomen Paul Alexander, der 25 Jahre lang als Entwicklungshelfer gearbeitet hat. Seine These: Die offizielle westliche Entwicklungspolitik ist wettbewerbs- und unternehmerfeindlich. Nach seiner Ansicht haben neue unternehmerische Eliten, die die Modernisierung Afrikas vorantreiben könnten, weder bei den westlichen Entwicklungshelfern noch bei den afrikanischen Regierungen eine Chance. Statt dessen werde nach dem Prinzip „small is beautiful“ die Subsistenzwirtschaft propagiert, die jede Entwicklung verhindere und die Eliten korrumpiere. Afrika werde so zum Sozialhilfeempfänger des Westens. Sein Fazit: Der Westen leiste „keine Hilfe zur Selbsthilfe, sondern Hilfe zur Selbstaufgabe“. Erwartungsgemäß löste diese Fundamentalkritik bei etlichen Workshop-Teilnehmern heftigen Protest aus. Eine holzschnittartige Vereinfachung der Probleme hielt man Krieg und Alexander gleich mehrfach entgegen. Andere Teilnehmer warnten davor, allein auf die unternehmerische Initiative zu vertrauen und Afrika in der jetzigen Lage sich selbst zu überlassen. Eine Kritikerin warf den Filmautoren vor, den Einfluß der Entwicklungshilfe zu überschätzen; für die strukturellen Probleme seien in erster Linie die mächtigen internationalen Konzerne verantwortlich.

Der Regisseur stieß inzwischen auch bei seinem Auftraggeber auf Widerspruch. Der Südwestfunk, der „Addio Afrika“ als Einstieg für einen Themenabend bei arte geplant hatte, will den provokativen Beitrag nach Kriegs Angaben nur mit einer begleitenden Diskussion freigeben. Reinhard Kleber