Ausländische Taxifahrer protestieren gegen rassistische Taxizentralen

■ Gaststätten in Kassel bestreiken Funkvermittlung

Kassel (taz) – „Immer, wenn es heißt: ,deutsche Kollegen, bitte auf den zweiten Kanal umschalten‘, wissen wir Bescheid“, sagt José Manuel Diaz, ein spanischer Taxifahrer aus Kassel. Mit diesem Code würden unter anderem besondere Aufträge vermittelt, zum Beispiel Kundenwünsche nach einem „deutschen“ Fahrer. Die beiden Kasseler Taxizentralen (TSZ und TFZ) erfüllen sie widerspruchslos. Der Kunde ist schließlich König. Daß solche Aufträge nicht über die gängige Welle abgewickelt werden, hat einen einfachen Grund: Es soll vermieden werden, daß zu viele Fahrgäste etwas merken.

José Manuel Diaz läuft jetzt zusammen mit ausländischen Kollegen gegen diesen ausländerfeindlichen Kundenservice seines Arbeitgebers Sturm. Er hat ein Protestschreiben aufgesetzt, in dem die Taxizentralen aufgefordert werden, die „entwürdigende hausinterne Anweisung“ in der FahrerInnen aufgefordert werden, den Deutsch-Wünschen zu entsprechen, zurückzunehmen. Der 34jährige Taxifahrer riskiert seinen Rausschmiß wegen geschäftsschädigendem Verhalten. Doch das, so José Manuel Diaz, sei ihm die Sache wert. Er könne notfalls auch woanders Taxifahren. Einige ausländische Kollegen sehen das anders. Sie bedrohten Diaz in den letzten Tagen massiv, damit er seine Aktion wieder abblase.

Auf Zuspruch stieß Diaz' Aufruf hingegen bei ausländischen Restaurantbesitzern in Kassel. Weit über die Hälfte der etwa 60 Gastwirte, darunter insbesondere Türken, Italiener und Griechen, sowie Sport- und Familienvereine unterstützen die TaxifahrerInnen. Sie wollen ihren Gästen vorläufg keine Funk-Taxis mehr rufen.

Der Geschäftsführer der Taxi- Service-Zentrale, Rolf Freudenstein, sieht jedoch keine Veranlassung, die Anordnung zu ändern. „Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen und richten uns lediglich nach den Kundenwünschen. Das ist so, als ob man einen Mercedes oder einen BMW als Taxi bestellt. Uns Rassismus zu unterstellen, ist alberner Quatsch.“ Es habe oft „berechtigte“ Beschwerden von Kunden gegeben. Denn vielen ausländischen Mitarbeitern mangele es nun mal an entsprechenden Orts- und Sprachkenntnissen.

Diese Rechtfertigung hält Murat Cakir, Sprecher des Verbands der türkischen Unternehmer Hessens (Hetiad), für fadenscheinig. Ausländische Fahrer müßten sich denselben Prüfungsbedingungen unterziehen wie ihre deutschen Kollegen. Die Anordnung der Kasseler Taxizentralen, so Cakir, sei, „in höchstem Maße beschämend“ und belege wie integriert der Rassismus in Deutschland bereits wieder sei. Seine Organisation verlange die Rücknahme der „rassistischen Anordnung“ und eine öffentliche Entschuldigung bei der nicht-deutschen Bevölkerung.

Scharfe Kritik übte auch der Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Integrierte Verkehrsplanung“ an der Gesamthochschule Kassel (GhK), Helmut Holzapfel. Der Professor kündigte an, die GhK werde sich an dem Boykott beteiligen. Er könne seinen zahlreichen ausländischen Gästen nicht zumuten, von solchen Unternehmen befördert zu werden. Franco Foraci