Einsames Herz

■ Jim Courier, ein Mann findet sich selbst und dabei auch seine Tennis-Form

Jim Courier ist auf dem Ego- Trip. Mutterseelenallein bummelt der ehemalige Weltranglistenerste durch das monegassische Fürstentum, Herr seiner selbst. „Ich bin alt genug“, meint der 23jährige trotzig, „ich weiß, was ich nicht essen und nicht trinken darf. Und ich weiß genau, wann ich ins Bett muß.“ Dem war nicht immer so. Sein Coming-out als Tennisstar verurteilte den „unbekannten Sieger“ (Sport-Bild), den „introvertierten Einzelkämpfer“ (Tennis- Magazin) 1991 zum nicht vorhandenen Herdentrieb. Das konnte nicht gutgehen. „Dreieinhalb Jahre war ich nicht mehr alleine. Entweder war meine Freundin dabei, meine Familie oder mein Trainer.“ Courier zweifelte: „Es war dumm von mir, mich für Tennis zu entscheiden. Mit Baseball hätte ich drei Millionen Dollar im Jahr verdienen können.“ Die pubertäre Verunsicherung (Baseball oder Tennis) ist abgearbeitet. Es bleibt als Relikt das zwanghafte Tragen der Baseballmütze. Doch die ödipale Krise hatte Courier schwer erwischt. Noch im November mußte er bei der ATP-WM in Frankfurt während der Seitenwechsel in einem Bändchen namens „Maybe the moon“ auf der Suche nach Selbstfindung blättern. Indes Jim aus Dade-City (Florida), das er liebevoll „Dead-City“ nennt, weil dort seinem ganzen Wesen entsprechend das Nirwana anfängt, hat nun begriffen, was ihm eigentlich frommt – Einsamkeit. Er nabelt sich wieder ab. Zu lange war sein So-Sein im mondänen Tennis- Jet-set zwangsverschüttet. Jetzt hat er ohne Trainer Higueras trainiert und spürt förmlich, „wie die Form“ in ihm „hochkommt“. Zwischenhoch bei den Australian Open (Halbfinale). Geplanter Höhenflug in Paris, wo sein Aufstieg begann. Ganz einfach, er muß nur sich selbst treu bleiben. Coach Brett Stine: „Jim stinken fremde Länder, fremdes Essen, fremde Sitten und Sprachen.“ coh