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Auf Socken in Vatis Röhre

■ Sonntag feiert Hamburgs ältester Jazzkeller, der Cotton-Club, 35jähriges Jubiläum

Der Name ist geschichtsträchtig, assoziationsreich aber auch programmatisch zugleich: Cotton Club. Am Sonntag feiert „Hamburgs ältester Jazz-Keller“ mit einem zwölfstündigen Marathon-Programm seinen 35. Geburtstag.

Im Jahr 1959 wurde der Club aus der Taufe gehoben. In einem Tiefbunker am Grindelhof fanden einige Jugendliche die passenden Räumlichkeiten für einen überdachten Treffpunkt. Weil die Betreiber alle nicht volljährig waren, mußte ein Vater den Mietvertrag unterschreiben. Und weil die Räume die Gestalt überdimensionaler Rohre hatten, wurde dem ,alternativen' Etablissement der Name Vati's Tube gegeben.

Doch während die Behörde wegsah und einen Alkoholausschank stillschweigend duldete, waren viele Eltern nicht sonderlich begeistert vom Treiben ihrer Sprößlinge. Dieter Roloff, der heutige Betreiber des Clubs am Alten Steinweg, machte damals eine Lehre als Großhandelskaufmann - tagsüber. Drei bis vier Abende in der Woche verbrachte er dann in dem Bunker, wo „das Bier noch aus der Flasche getrunken wurde“. Seine Eltern versuchten damals mit verschiedenen Methoden, dem Ganzen eine Grenze zu setzen. „Irgendwann haben sie einfach meine Schuhe weggenommen. Da bin ich halt mit den Strümpfen losgegangen“, meint Dieter Roloff.

Aus seinem leidenschaftlichen Hobby wurde mit den Jahren eine richtige Arbeit. Im Jahr 1961 übernahm er den Club. Für die nächsten zwölf Jahre mußte er noch einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. „Ich brauchte das Geld, um den Club in Betrieb zu halten“, meint der Mann in der Lederweste.

1965 bekam der Laden seinen heutigen Namen. Damit sollten weniger Assoziationen zu dem bekannten New Yorker Vorbild geweckt als auf die Wurzeln des Jazz hingewiesen werden. „Der Jazz ist in den Baumwollfeldern des amerikanischen Südens geboren“. Viele hatten allerdings andere Assoziationen: „Da rief mich eine Frau an“, amüsiert sich Roloff, „und wollte Mitglied im Jerry Cotton Club werden“.

Den Jazz der ersten Stunde pflegt der Kellerclub in der Nähe des Großneumarktes konsequent. Jeden Abend bieten Combos eine unterschiedliche musikalische Palette: von Swing und Dixieland bis Hot- und Cool-Jazz. Da die Blütezeit dieser Musik schon etwas zurück liegt, verwundert es nicht, daß das Durchschnittsalter des Publikums zwischen 40 und 50 Jahren liegt.

Die holzgetäfelten Wände schmücken Photos aus jener Zeit. Neben den schwarzen Musikern in weißen Anzügen hängen aber auch Photos von Combos, die auf der Bühne des Cotton Clubs musizierten. Und gegenüber der Bühne hängt ein Photo vom Chef persönlich, der sich gerade einen Schluck Bier aus einer Flasche genehmigt. „Es muß schon zwanzig Jahre her sein“.

Um 1971 fand der Club nach mehreren Umzügen in den Räumen der ehemaligen Jailhouse Taverne seine endgültige Bleibe. Trotz der zwischenzeitlichen Sanierung hat sich dort seitdem kaum etwas verändert. Die Decke hängt immer noch bedrückend nah an den Köpfen. Deswegen erhebt sich die winzige Bühne auch nur einige Zentimeter über dem Publikum. Wenn darauf eine Big-Band Platz finden soll, muß eben ein Tisch zur Seite geräumt werden. „Es ist zwar eng, aber was soll man machen“, meint der Jazzliebhaber mit einem nachdenklichen Blick zum Firmament.

Ein Geschenk wünscht sich Dieter Roloff für die Geburtstagsfeier, bei der zwölf Combos mitwirken werden, besonders: Regen. Denn erfahrungsgemäß bleiben bei schönem Wetter viele Leute dem Keller fern. Dem mehrheitlichen Wunsch zum Trotz hoffen wir, daß am Sonntag zwischen 11 und 23 Uhr regenschwangere Wolken über Hamburg ziehen.

Nikos Theodorakopulos

Cotton Club, Alter Steinweg 10, Sonntag von 11 bis (voraussichtlich) 23 Uhr

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