Senatorin verbietet Bildungsdemo

■ Lehrer sollen in den Schulen bleiben / Behörde droht Gewerkschaft ein Zwangsgeld von 50.000 Mark an / GEW: „Jetzt erst recht“ Von Kaija Kutter

Es soll die „größte Demonstration gegen Bildungsabbau werden“, die Hamburg seit langem erlebt hat. Jetzt ist die für Mittwoch geplante Kundgebung erstmal verboten. Mit Schreiben vom 21. April untersagte die Schulbehörde der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), „Lehrerinnen und Lehrer“ dazu aufzurufen, „unter Verletzung der ihnen obliegenden Dienstverpflichtungen“ an dem Aktionstag teilzunehmen. Zur Durchsetzung dieser „Untersagung“ wird ein Zwangsgeld von 50.000 Mark festgesetzt.

Als Begründung führen die Behörden-Juristen das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) an. Selbige sei bedroht, weil die Teilnahme an der Demo während der Unterrichtszeit dazu führe, daß die „der Obhut der Schulen anvertrauten Schüler sich selbst überlassen“ seien.

Wie die taz berichtet, planen SchülerInnenkammer, GEW und Asta der Uni Hamburg am kommenden Mittwoch eine gemeinsame Demonstration gegen Bildungsabbau. Bereits am vergangenen Mittwoch wurden die Schulleiter von der Behörde angewiesen, dafür zu sorgen, daß der Unterricht regulär stattfindet und die Lehrer auch dann in der Schule bleiben, wenn die SchülerInnen demonstrieren sollten.

„Wir sind empört, wir hätten eigentlich mit Unterstützung der Behörde gerechnet“, sagt GEW-Sprecherin Anna Ammonn. So sei die Lage für die Schulen trotz der Senats-Entscheidung, keine Lehrerstellen zu streichen, sehr ernst. Bei steigenden Schülerzahlen bedeute der Status-Quo-Erhalt eine faktische Einsparung von 250 Stellen allein im kommenden Jahr. Eine Nulleinstellungspolitik bis zum Ende der Legislaturperiode habe angesichts von 10.000 zusätzlichen Schülern zur Folge, daß von der Kürzung der Ferien bis hin zur Streichung ganzer Bildungsgänge alle bisher publizierten Sparideen der Behörde realisiert werden müssen. Das „martialische Vorgehen“ der Behörde lasse darauf schließen, daß hinter verschlossenen Türen ein Abbau von Stellen vorbereitet wird und weitere Widerstände im Keim erstickt werden sollen.

Nach Einschätzung des Rechtsanwalts Gert Strate ist die Untersagung „rechtswidrig“, weil in das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingegriffen wird. Die GEW will dies „prüfen“ lassen, notfalls aber „erhobenen Hauptes das Geld zahlen“. Das mußte sie 1988 bereits schon einmal tun, als die Behörde einen Streik gegen Arbeitszeitverkürzung untersagte.

Doch im Unterschied zu damals, so Ammonn, handele es sich diesmal um keinen ganztägigen Streik, sondern um eine Demonstration am späten Vormittag. Bei einer vergleichbaren Aktion im Oktober 1990 hatte es lediglich Disziplinarmaßnahmen gegen einzelne Lehrer gegeben.