Vorschlag:

■ No-Budget-Filme von Andersen in der Brotfabrik

Seien Sie froh, wenn Sie keine 16 mehr sind! Stefanie, pummelig/pickelig und eben in dem Alter, in dem man schon nach Trouble riecht, hat es schwer. Genug, daß ihr die nazi-braune Lehrerin auf den Geist geht und sich der Freund heimlich verdrückt. Nein, am schlimmsten ist Mutter: zänkisch, tablettensüchtig und einfach grauenerregend. Schon Titel von Carl Andersens neuem 16-mm-Streifen „Killing Mom“ läßt Böses ahnen. Wer killt wen? Wird Mutter getötet, oder tötet Mutter? Lassen Sie sich überaschen – es wird Blut fließen, soviel ist sicher.

„Killing Mom“ – mit 13.000 Mark Produktionskosten Carl Andersens teuerster Film – ist ein Muß für alle No-Budget-Liebhaber, die wackelige Handkameras mögen und sogar an fußbroichelnder Dialogkunst Gefallen finden. Dem Zuschauer bleibt jedenfalls nichts erspart, was „billig“ ist: Schlager werden gesungen und zu Standbildern Geschichten erzählt; die Möpse hopsen nur so und manchmal kommt sogar ein bißchen „Werbung für die lesbische Lebensart“ ins Spiel, in Form von äußerst plastischen, farbigen Großaufnahmen im ansonsten monochromen Film. Trotz ausgedehnter Hack-und Stechszenen am Ende sei „Killing Mom“, so Andersen, dennoch „eine komödiantische Hommage an die Filme des Berliner Underground-Gurus Lothar Lambert.“ Der spielt hier übrigens die Rolle des biertrinkenden Vaters.

Andersen arbeitet mit Stilbrüchen, die sich überaus günstig auf den Erzählfluß auswirken. Kaum hat man sich gemächlich auf einen Kettensägen-Verlauf eingestellt, kommt flugs ein neues Ende um die Ecke. Trotzdem: „Mein erster Publikumsfilm“, sagt Carl Andersen über „Killing Mom“. Das ist besonders dann nachvollziehbar, wenn man sich „Mondo Weirdo“, Andersens vorletzten Film von '89 gleich anschließend anschauen mag. Während „Killing Mom“ auf nichts Rücksicht nimmt – weder auf die Normalo-Eltern noch die lesbischen Freundinnen oder den ambitioniert künstlerischen Filmemacher – ist „Mondo Weirdo“ eher eine Hommage an die Szene, wie man sie aus den 80er Jahren kennt. Alle Protagonisten haben den morbiden Charme der schwarzgefärbten Haare und des käsigen Gesichts. Rockmusik ersetzt Gespräch und Plot dieses Films, der übrigens nicht einmal 5.000 Mark gekostet hat. Der Zuschauer verfolgt die sexuellen Träume, Phantasien oder auch Erlebnisse einer knabenhaften Jungfrau, die in einer Orgie aus Blut, Pisse und Sperma gipfeln. Klingt grob, ist auch so: „Mondo Weirdo“ ist schräg, pornographisch und blutrünstig. Ohne Rasiermesser wäre der Film nicht möglich gewesen. Die Hauptdarstellerin, die im wirklichen Leben übrigens wirklich Jungfrau war (und blieb!), distanzierte sich nach der Produktion deutlich von dem Film. Kirsten Niemann

„Killing Mom“: Bis 04.05., täglich um 23.30 Uhr in der Brotfabrik. Heute, Sa, im Doppel mit Mondo Weirdo.