Tante Emma will radeln

Das tazRad, was das Ganze soll und wie endlich politisch korrekt Fahrrad gefahren werden kann  ■ Von Christian Arns

Eine kleine Tatze ziert die Klingel, eine beinahe unauffällige Aufschrift die Stange vom Tretlager zum edlen Kernledersattel: „taz, das Rad“. Das erste Fahrrad eines deutschen Zeitungsverlages ist rot, zunächst mal auf 1.000 Exemplare limitiert und dazu nicht ganz billig. Was soll's?

„Wir fänden es sehr vernünftig, wenn alle Mitarbeiter mit dem Fahrrad kämen“, erklärt Andreas Bull die Ausgangslage. Nach Meinung des Geschäftsführers der contrapress, einer der taz-Gesellschaften, sollten überhaupt viel mehr Fahrten mit dem Rad bewältigt werden. Diese Einstellung solle mit dem tazRad verdeutlicht werden. So sei auch selbstverständlich gewesen, daß keine lösungsmittelhaltige Farbe benutzt werden durfte, sondern eine Pulverbeschichtung.

Geboren wurde die Idee bei einer Vernetzungstagung des Theorie-Arbeitskreises Alternative Ökonomie (TAK AÖ) im Sommer letzten Jahres in Bad Segeberg. „Da kam Kalle Ruch auf mich zu, sagte, er sei taz-Geschäftsführer, und fragte, ob wir nicht ein Fahrrad zusammen machen sollen“, erinnert sich Ulrike Saade, Geschäftsführerin des Verbunds selbstverwalteter Fahrradbetriebe (VSF). Zunächst sei sie überrascht gewesen, dann aber begeistert. Auch die über 100 Betriebe hätten der Idee im Herbst bei ihrer Mitgliederversammlung zugestimmt.

Diese machen auch mit: In beinahe allen Läden sei das Rad inzwischen im Schaufenster, sagt Saade. Das habe am Anfang nicht so geklappt, räumt sie ein, denn die Werbung habe etwa gleichzeitig mit der Produktion begonnen. Für diese ist die Fahrradmanufaktur in Bremen zuständig, die vom VSF gegründet wurde. „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Betrieb“, lobt die Verbunds-Geschäftsführerin, „die machen wirklich gute Räder.“

Weiße Weste und sauberer Rücken

Und ein Qualitätsrad sollte es ja schließlich werden: „Wir wollten ein alltagstaugliches Rad, mit dem man auch Reisen machen kann“, erläutert Andreas Bull, „kein Modeteil, das alle zwei Jahre erneuert werden muß.“ Vernünftige Schutzbleche seien wichtig gewesen, „damit man auch bei Regen ins Büro fahren kann, ohne einen dreckigen Rücken zu haben“, und stabile Reifen. Saade: „Die halten ewig.“ Auch sie habe „kein Versandhaus-Rad“ haben wollen, sondern „ein vernünftiges Rad in verschiedenen Größen, mit und ohne Oberstange, vertrieben durch unsere selbstverwalteten Läden, in denen wir eine vernüntige Beratung und den entsprechenden Service garantieren können“.

In die Kategorien Damen- und Herrenrad möchte sie nicht mehr unterscheiden, da sich wegen der höheren Stabilität auch viele Frauen für die Version mit Oberstange entschieden. Praktisch findet sie den Drehschaltgriff für die 21 Gänge des tazRads. Und als „eine der größten Innovationen der letzten Jahre“ preist sie das Dioden-Rücklicht, das schon nach kurzer Fahrzeit nachglimme, „an der Ampel hat man also ein Standlicht“, was die Sicherheit der Radler deutlich erhöhe.

Als der VSF und Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) jüngst 25 Stadträder für Öko-Test unter die Lupe nahmen, hätte nur ein weiteres Rad serienmäßig über ein solches Licht verfügt, so Saade: „Und das hat rund 1.600 Mark gekostet.“ Da liegt das taz-Nobelmodell immerhin 300 Mark drunter, doch ein Statussymbol soll es nach Bulls Meinung trotzdem nicht werden. taz-Geschäftsführer Karl- Heinz Ruch könnte sich hingegen durchaus mit dem Gedanken anfreunden, daß es schick würde, vor den einschlägigen Intellektuellen- Cafés mit dem tazRad vorzufahren: „Das wäre schön.“ Und so spottet Helmut Dachale in der VFS-Kundenzeitschrift Abfahren: „taz. Das Rad. Endlich politisch korrekt Fahrrad fahren!“