■ „Greenfreeze“ wird zum deutschen Vorzeigeprodukt
: Ein Kühlschrank geht um die Welt

Die Geschichte hat alle Zutaten eines modernen Märchens. Eine kleine, von der Pleite bedrohte Firma in Ostdeutschland tut sich mit zwei mutigen Professoren aus Dortmund und einer internationalen Umweltorganisation zusammen. Aus der 60 Jahre alten Idee, Kühlgeräte statt mit komplizierten Chemikalien mit einer Propan-Butan-Mischung zu betreiben, entwerfen kämpferische Techniker und Professoren ein neues Produkt – den grünen Kühlschrank, dessen Kühlmittel die Ozonschicht nicht zerstört und auch nur unwesentlich zur Erwärmung des Treibhauses Erde beiträgt. Greenpeace orchestriert den Kampf des ökologischen David aus Scharffenstein gegen die dummen Goliaths. Und die Großen verharren stocksteif in ihrer technologischen Verkrustung, vermögen sich nur mit Verleumdungen und einem öffentlichen Innovationsverhinderungskartell zu wehren.

Der Ansatz, mit einer Kombination aus alter Idee und innovativer, umweltfreundlicher Anwendung den Großen ein Bein zu stellen, ist nicht nur gescheit. Er funktioniert sogar. Ein deutscher Kühlkonzern nach dem anderen fällt um. Die Großen müssen nachgeben. Aus einem weißen Möbel, das Bosch-Siemens und AEG als umweltfeindlichen Energiefresser und explodierendes Sicherheitsrisiko verleumdet haben, wird ein bundesdeutsches Vorzeigeprodukt. Jetzt will Greenpeace den Erfolg in den Ländern des Südens wiederholen. Die süddeutsche Firma Liebherr versucht gemeinsam mit Greenpeace, die Chinesen vom grünen Propan-Butan-Kühlschrank zu überzeugen. Der David aus Sachsen, die Firma Foron, ist dabei, die Kühlmischung in indischen Kühlschränken auszuprobieren.

Hinter dem Märchen von David und Goliath verbirgt sich das eigentlich noch spannendere Problem der Technikentwicklung. Für den Erfolg des grünen Kühlmöbels war nicht nur ökonomischer Mut, sondern auch die aktuelle Anwendung einer fast vergessenen Technik nötig. Geholfen hat noch, daß diese Idee nicht mehr von Patentrechten geschützt wird. Doch wer weiß schon, wie viele solcher alten und neuen technischen Ideen in den immer schneller werdenden Innovationszyklen verlorengehen. Je drängender die Probleme werden, die wir lösen müssen, um unser Überleben zu gewährleisten, desto dringender wird die Forderung, Ideen und technische Kenntnisse einfacher und allgemein verfügbar zu machen. Es wäre eine dankbare Aufgabe für Universitäten und internationale Organisationen, die technische Vielfalt menschlichen Erfindergeistes zu sammeln, zu katalogisieren und zugänglich zu machen. Damit mutige Davids einen ungehinderten Zugang finden. Dann könnte das Märchen von Scharffenstein Schule machen. Hermann-Josef Tenhagen