Der Kollege, der nie krank wird

Die Hersteller von Industrierobotern sind auf der Hannover Messe optimistisch: Die hohen Lohnkosten füllen ihre Auftragsbücher  ■ Aus Hannover Annette Jensen

Akkurat spritzt eine Düse Girlanden auf ein Lebkuchenherz. Dann schreibt sie mit naiven Buchstaben: „Sei wieder lieb“. Nicht ein Mensch mit Herzschmerz lenkt die Maschine, sondern ein mit einem Computer verbundener Roboterarm. 600.000 solcher Geräte sind weltweit im Einsatz, davon gut 40.000 im Inland, so schätzt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer VDMA. Zur Jahrtausendwende soll die Millionengrenze erreicht sein, hoffen die Lobbyisten.

Entschieden die meisten Industrieroboter tun in der Automobilfertigung ihren Dienst. Für etwa 70.000 Mark bietet Dietrich Reddies von der Firma „Positek“ ein etwa ein bis zwei Meter hohes Gerät mit sechs Gelenken an. Punktgenau kann der staksige Arm die Kanten eines vor ihm liegenden Karosserieteils orten und bei 1.300 Grad Celsius mit einem Draht zusammenschweißen. Sein immer gleiches Arbeitsprogramm ist in einem grünen Kasten gespeichert; kommt dem Roboter ein Mensch in die Quere, stoppt er zunächst und kann dann – anders als seine Vorgänger – weiterarbeiten, ohne in die Ausgangsposition zurückzugehen. „Er wird nie krank, kann vierundzwanzig Stunden am Tag durchhalten und ist exakter als jeder Arbeiter“, wirbt der Verkaufsleiter für sein Produkt.

Obwohl gerade in der Automobilindustrie heftig rationalisiert, das heißt entlassen wurde, ging im letzten Jahr in Deutschland der Absatz von Robotern um 17 Prozent zurück. Investitionen wurden vor allem in den mittelständischen Betrieben zurückgestellt. Seit ein paar Monaten weist aber die Auftragskurve wieder steil nach oben: 30 Prozent mehr Bestellungen als im Vorjahr gingen bei den Firmen ein.

Die Zuwächse sind allerdings ausschließlich auf ausländische Nachfrager zurückzuführen; in Deutschland sinkt die Zahl der Abnehmer nach wie vor. Aber ein Firmensprecher frohlockt dennoch, wenn er über die längerfristigen Perspektiven des Inlandsmarktes spricht: „Wir sind die Rationalisierungsbranche, die gefragt ist, wenn es darum geht, auf steigende Lohnkosten zu reagieren.“

Nicht stationär arbeiten die Kollegen der Industrieroboter im Dienstleistungssektor. Die autonom navigierende Reinigungsmaschine der Firma „Hako“ aus Bad Oldesloe soll in drei Jahren serienreif sein und dann Turnhallen und U-Bahnsteige putzen. Ein Arbeiter muß zunächst die orange- schwarze Kiste auf Rädern einmal um den zu säubernden Bereich herumfahren, bevor sie die dazwischenliegende Fläche selbständig schrubbt. Steht ein Mensch oder ein Papierkorb im Weg, bremst der Roboter und braucht einen neuen Startbefehl, um weiterzuarbeiten. Auch hier geht es darum, menschliche Arbeitskraft und damit Lohn einzusparen.

Die Investition für das Gerät ist zwar mit schätzungsweise 800.000 Mark zunächst etwa zwei- bis dreimal so hoch als bei herkömmlichen Putzmaschinen. Aber weil nicht mehr immer ein Mensch hinter dem Gerät hertraben muß, sollen sich die Anfangskosten in etwa zwei Jahren amortisiert haben.

In amerikanischen Krankenhäusern ist man schon einen Schritt weiter: Dort liefern Roboter das Essen für die Patienten an und bitten auf dem Gang Stehende höflich darum, zur Seite zu treten.