„Dagobert“: Sein letzter Anruf dauerte zu lange

■ Kaufhauserpresser „Dagobert“ festgenommen

Berlin (taz) – Der Kaufhauserpresser „Dagobert“ ist geschnappt. Als er gestern vormittag von einer Telefonzelle in Berlin- Treptow dem Karstadt-Konzern die Bedingungen für einen erneuten Geldübergabeversuch mitteilen wollte, konnte die Polizei seinen Standort über eine Fangschaltung ermitteln. Die Ermittler sind sich „absolut sicher“, daß es sich bei dem 44jährigen Berliner um „Dagobert“ handelt. Der Mann soll ein technischer Angestellter aus Tempelhof sein.

Auf „Dagoberts“ Konto gehen seit Juni 1992 fünf Anschläge in Karstadt-Häusern. In Hannover wurden zwei Personen leicht verletzt, die Rohrbomben in Hamburg, Bremen, Bielefeld und Berlin richteten nur Sachschaden an. Die Nachrichtenagentur dpa meldete unter Berufung auf Polizeikreise, daß „Dagobert“ auch der Erpresser sein soll, der das Berliner KaDeWe bereits 1988 um eine halbe Million Mark erleichterte hatte.

Die Hamburger Polizei bekundete gegenüber der taz ihre Genugtuung darüber, daß ihr Fahndungskonzept der Telefonzellenüberwachung aufgegangen sei. Freilich hatten gerade die Pannen der zuständigen Sonderkommission den Erpresser zur Kultfigur werden lassen. Bereits im Januar vergangenen Jahres konnte ein Beamter „Dagobert“ an der Jacke packen, rutschte aber auf Hundekot aus. Nach unbestätigten Informationen aus Hamburger Polizeikreisen soll jetzt diesem Polizisten der Zugriff gelungen sein. Die letzte geplante Geldübergabe scheiterte in der Nacht zu Mittwoch in Berlin. Der Geldbote erreichte den verabredeten Treffpunkt, eine Telefonzelle, nicht rechtzeitig, weil er im Stau steckenblieb. Bereits zuvor waren rund zwanzig Kontaktaufnahmen mit „Dagobert“ fehlgeschlagen: Im Januar dieses Jahres legten die Geldboten einmal das Geld an einer falschen Stelle ab, ein anderer Versuch auf einem stillgelegten Bahngleis scheiterte, weil die von „Dagobert“ konstruierte Lore aus den Schienen sprang. Vergangenes Frühjahr hatten die Fahnder übersehen, daß sich unter der Streusandkiste, in der sie das Geld deponiert hatten, ein Gully befand. Der Berliner Rechtsanwalt Gerd Stübing, der Kontakt zu „Dagobert“ haben will, behauptete gestern, es habe „eine wilde Verfolgungsjagd“ gegeben. Diese Version, wonach erst ein Autounfall die Festnahme ermöglichte, ist nach Polizeiangaben „dummes Zeug“. Ralph Bollmann

Siehe Bericht Seite 31