Stadtbauten in neuer Gründerzeit

■ „Die Stadt als Bauherr“ stellt sich im Berlin-Pavillon aus

Berlin glänzt. Durch Abwesenheit. Dieser Eindruck jedenfalls entsteht, führt man sich das neue Bild der Stadt vor Augen. Privatinvestoren in der Glitzerwelt der Friedrichstadtpassagen, private Bauherrn im freifinanzierten Wohnungsbau: Anleger und Abschreibungsarchitekten schaffen sich in den Zentren der Metropole ein Bild ihrer selbst. Und Berlin?

Berlin baut auch. Das ist die Message einer Ausstellung, die am vergangenen Freitag im Berlin-Pavillon eröffnet wurde. Nicht nur Friedhöfe baut die Stadt und Gefängnisse, sondern auch Krankenhäuser, Schulen und Sporthallen als „NOlympia-Sofortbaumaßnahmen“. „Die Stadt als Bauherr“ heißt denn auch das Motto der Exposition, was freilich nicht immer bedeutet, daß Stadt und städtisch das gleiche sind: Immerhin, so mußte auch Senatsbaudirektor Hans Stimmann einräumen, wird das ein oder andere kommunale Vorhaben auch von privater Seite finanziert und muß von der öffentlichen Hand dann geleast werden.

Daß öffentlich-rechtliches Bauen nicht langweiliger ist als die private Konkurrenz, ist das zweite Anliegen der städtischen Werkschau. Insbesondere im Schulneubau soll Abstand genommen werden von den langweiligen Gesamtschulstereotypen, deren es im Westen genausoviel gibt wie im Ostteil der Stadt. So sieht zum Beispiel der Entwurf eines Gymnasiums in der Ellenburger Straße eine U-förmige Bebauung vor, die sich zum Sport- und Landschaftsbereich hin öffnet und trotz Ebbe in der Kasse mit Wintergärten, Verglasungen und „Dachsheds“ nicht geizt. Wenn im Nordosten der Stadt einmal Wohnraum für 80.000 Menschen geschaffen sein soll, bedeutet das auch den Bau von 70 Schulen und 250 Kindertagesstätten. Eine Aufgabe, an der, wie Hans Stimmann sagte, nicht nur die Bauherren künftig beteiligt werden sollen, sondern an der sich auch die Zukunft Berlins entscheide. „Wie schließlich“, fragte sich der Baudirektor, „will man hochqualifizierte Arbeitskräfte in die Stadt holen, wenn die Kinder in keine angemessene Schule gehen können und der eigene Arbeitsplatz den Charme eines technischen Museums hat?“

Insgesamt 5.500 öffentliche Gebäude mit einer Bruttogeschoßfläche von 15 Millionen Quadratmetern hat die Stadt derzeit zur Verfügung. Doch die Mehrzahl der Neubauprojekte, das zeigt ein Modell des „neuen Berlin“, hat mit der öffentlichen Hand als Bauherr soviel gemein wie die erste Gründerzeit der Stadt mit den Bedürfnissen der Städter. Uwe Rada