BBC-Bückling

■ Ein Film über Korruptionsvorwürfe wurde abgesetzt

Dublin (taz) – Die BBC hat einen für gestern geplanten Panorama-Beitrag abgesetzt. Er soll erst nach den Kommunalwahlen am 5. Mai gesendet werden. In dem Film geht es um Korruptionsvorwürfe gegen die Torys: Vor den letzten Kommunalwahlen vor vier Jahren hatten Parteifunktionäre Sozialbauwohnungen im Londoner Stadtteil Westminster mit Hilfe von Steuergeldern in Eigentumswohnungen umgewandelt, in die dann Tory-WählerInnen einziehen durften. Damit sollte in wackligen Wahlkreisen eine Tory-Mehrheit gesichert werden.

Hatte eine Untersuchungskommission im Januar noch von 21,25 Millionen Pfund veruntreuter Gelder gesprochen, so war im Panorama-Beitrag bereits von 50 Millionen Pfund (ungefähr 130 Millionen Mark) die Rede. Dafür müssen möglicherweise zehn Tory-Stadträte geradestehen. Einer von ihnen hat sich vor kurzem das Leben genommen. Das BBC-Team stieß bei seinen Recherchen darüber hinaus auf 10 Millionen Pfund „unerwarteter staatlicher Zuschüsse“ für Westminster. Mit dem Geld konnte die umstrittene Kopfsteuer um 75 Pfund pro Person gesenkt werden. Eine Maßnahme, die den Torys wiederum Wählerstimmen eintrug.

In einem Interview mit Panorama sagte der Rechtsanwalt Andrew Arden, ein Spezialist für kommunales Recht: „Das Bild, das sich hier abzeichnet, würde ich als größten Akt der Korruption in der Geschichte der Kommunalverwaltungen bezeichnen. (...) Diesen nackten Mißbrauch von Macht, Menschen und Mitteln hätte ich für undenkbar gehalten.“

Das Büro der Konservativen Partei hatte bereits in den vergangenen Wochen wiederholt gegen den Panorama-Beitrag protestiert, ohne jedoch den Inhalt zu kennen. Am Freitag wurde die Produktion des fast fertigen Films gestoppt, nachdem BBC-Generaldirektor John Birt – der wegen seiner marktwirtschaftlichen Leitung des Senders bereits als „Totengräber der BBC“ bezeichnet wurde – interveniert hatte. Die BBC gab bekannt, es sei gar nicht geplant gewesen, den Beitrag gestern auszustrahlen.

Dem Observer liegen jedoch interne BBC-Papiere vor, in denen der 25. April als Sendetermin angegeben ist. Die Labour-Stadträtin Neale Coleman erklärte dazu: „Es ist lächerlich, wenn die BBC behauptet, daß der Film nicht für den Tag vorgesehen war. Wir wußten es, das Pressebüro des Stadtratsamtes von Westminster wußte es, und die Torys sowie die Lokalpresse kannten den Sendetermin ebenfalls.“ Jack Straw vom Labour-Schattenkabinett fügte hinzu: „Diese Entscheidung riecht nach großer Feigheit seitens der BBC.“ Ralf Sotscheck