■ Mit Manipulatoren auf du und du
: Humaner Panzer

Hannover (taz) – Mit Tschernobyl läßt sich gut Geld verdienen. Das haben die Manager der Waffenschmiede Mak System Gesellschaft aus Kiel klar erkannt – und so werkeln ihre Ingenieure und Maschinenbauer seit dem GAU in der Ukraine an einem schweren Manipulatorfahrzeug herum, das in radioaktiv hochverstrahltes Gelände fahren und dort aufräumen kann. „In diesem Sommer ist das Gerät einsatzbereit“, verkündet Mak-Mitarbeiter Christian Herbst den Messebesuchern in Hannover, die sich vor dem Modell des gelb- schwarzen Panzers angesammelt haben.

Das Gefährt muß zunächst mit einem Spezial-LKW bis auf 20 Kilometer an den Einsatzort herangefahren werden. Von dort rollt es unbemannt in Richtung Havarie, gesteuert aus einer sicheren Kabine, in der sechs Monitore die Umgebung des Fahrzeugs zeigen. An Bord befinden sich außer den Videokameras auch Bohrer, Schrauber und Greifwerkzeuge, mit denen die Ingenieure aus sicherer Entfernung hantieren können. Die ganze Elektronik ist in einem 2,5 Tonnen schweren Wolfram-Container untergebracht – Konsequenz der Erfahrungen aus Tschernobyl, wo haufenweise Elektrogeräte wegen der Radioaktivität den Geist aufgaben.

Das Fahrzeug ist nur drei Meter lang und zwei Meter hoch, damit es durch die Sicherheitsschleusen bis in einen Reaktorkern fahren kann. „Und auch wenn die Reaktorhülle zusammengebrochen ist, ist es günstig, wenn das Gerät möglichst klein ist“, ergänzt Mak- Mann Herbst ganz sachlich.

Den Auftrag für den 20 Millionen Mark teuren Prototyp bekam die Rheinmetall-Tochter kurz nach dem Unfall in Tschernobyl von der Kerntechnischen Hilfsdienst Gesellschaft (KHG) in Karlsruhe. Der von den deutschen Energieversorgern finanzierte Verein will das Gerät für „die Störfallbeherrschung in deutschen Kernkraftwerken“ vorhalten, wie sich der stellvertretende Betriebsleiter Winfried Krüger ausdrückt. Die Mak, die bisher noch zu 95 Prozent ihr Geld mit Militärgütern verdient, hofft jetzt auf Anschlußaufträge. Anfragen aus Rußland lägen bereits vor, läßt Christian Herbst wissen.

Aber nicht nur bei der Entsorgung atomtechnischer Anlagen sieht die Mak dicke Gewinne winken. Auch der bei den START-Verhandlungen vereinbarte Abbau russischer Atomraketen verspricht lukrativ für sie zu werden. Wie vielen anderen Waffenschmieden, die vom Bombenbauer zum -vernichter konvertierten, kommen auch der Firma in Kiel ihre Waffenbau-Kenntnisse erneut zugute. „Unsere Geräte sind da im Einsatz, wo es für Menschen zu gefährlich ist“, wirbt Christian Herbst für das Image einer Firma, die sich in den Dienst des Menschen stellt. Annette Jensen