Die Abschiebemetropole Mainz

■ Im Ausländeramt kursiert die Parole „Mindestens fünf Abschiebungen pro Tag“

Frankfurt/Main (taz) – „Mainz wie es singt und lacht – an Fassenacht.“ Doch für den Rest des Jahres haben vor allem Flüchtlinge und AsylbewerberInnen in der Landeshauptstadt von Rheinland- Pfalz keine Veranlassung mehr, zu singen oder zu lachen. Denn sie haben in Mainz nichts mehr zu suchen: Am 31. März – sechs Wochen vor den Kommunalwahlen – verfügten die sozialdemokratischen Stadtväter einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten. Und im Ausländeramt der Stadt kursiert die neue Parole „Mindestens fünf Abschiebungen pro Tag“. Man(n) sei in Mainz an der Grenze dessen angelangt, was von den Bürgern noch mitgetragen werde. Und irgendwann sei der Punkt erreicht, wo die Bevölkerung nicht mehr bereit sei, das alles zu akzeptieren, sagte der Sozialdezernent der Stadt, Willi Abts (SPD). Mit sogenannten Blitzabschiebungen, die immer nach dem gleichen Muster abliefen, sicherte sich Abts in den vergangenen Wochen den Beifall der Stammtische in der Altstadt. Da wurden in Mainz lebende AsylbewerberInnen „unter einem Vorwand“ (Bündnisgrüne) ins Ausländeramt zitiert, dort festgehalten und umgehend abgeschoben. So wurde es etwa der aus Moldawien stammenden Ärztin Tatjana Larina noch nicht einmal mehr gestattet, ihr Geld von der Bank zu holen. Ohne Ausweispapiere wurde Larina via Rhein-Main nach Moldawien abgeschoben – und dort sofort verhaftet. Nach Informationen der Bündnisgrünen drohen der politisch aktiven Ärztin nicht nur mehrere Jahre Haft, sondern unter Umständen auch die Todesstrafe.

Wurde diese „Blitzabschiebung“ vom Presseamt der Stadt noch als „unglückliches Mißverständnis“ bezeichnet, gab es nach der unter den gleichen Umständen stattgefundenen Abschiebung eines Kurden in die Türkei keine offizielle Erklärung der Stadt mehr. Dafür hagelte es Anfragen und Anträge der Fraktionen der Bündnisgrünen und der SPD im Stadtparlament – nicht nur zu den „Blitzabschiebungen“. So forderte die SPD in Mainz die Relativierung des von OB Weyel (SPD) verhängten generellen Aufnahmestopps für Kriegsflüchtlinge. Denn auch in Zeiten großer finanzieller Belastungen und organisatorischer Herausforderungen sollten humanitäre Gesichtspunkte zum Maßstab für die Aufnahme von Menschen aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten gemacht werden, heißt es in einem Änderungsantrag der SPD zu einem Antrag der Bündnisgrünen, der heute im Stadtparlament behandelt werden soll. Minderjährige ohne Begleitung, Verwandte ersten Grades von in Mainz lebenden Flüchtlingen, Kriegsverletzte und traumatisierte Frauen, so die SPD, sollten auch in Zukunft aufgenommen werden.

Für Marion Papaczek-Porten von den Mainzer Bündnisgrünen hat der „Wahnsinn“ allerdings Methode. Mit der Herausstreichung der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen, den Blitzabschiebungen und dem generellen Aufnahmestopp für Kriegsflüchtlinge habe die SPD-geführte Administration in Mainz „in schönster CSU-Manier“ die heiße Phase im Kommunalwahlkampf eingeläutet. Klaus-Peter Klingelschmitt