Deutsche U-Boote via USA nach Taiwan?

■ Trotz Verbots verhandelt HDW-Werft / Hoffnung auf ICE-Geschäft

Bonn/Berlin (taz) – Trotz des Verbots, U-Boote nach Taiwan zu exportieren, versuchen es deutsche Werften immer wieder – diesmal offensichtlich auf dem Umweg über die USA. Das delikate Geschäft scheint umsichtig eingefädelt. Die Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) in Kiel bestätigte der taz gegenüber, daß seit dem vergangenen Jahr entsprechende Verhandlungen mit einem US-amerikanischen Konsortium im Gange sind. Firmensprecher Jürgen Rohwedder wollte sich jedoch nicht festlegen, ob komplette U-Boote oder einzelne Teile in die USA geliefert werden sollen. Insgesamt geht es um einen Auftrag in der Größenordnung von 10 Milliarden Mark. „Dafür kriegt man etwa ein Dutzend voll ausgerüstete U-Boote, mit allem Drum und Dran“, sagte Rohwedder. Die Lieferung der U-Boote soll offensichtlich die Tür für den Verkauf des Hochgeschwindigkeitszuges ICE öffnen. Hierbei ginge es um einen 30-Milliarden-Auftrag.

Die Geschäftsabsichten der HDW schlagen in Bonn hohe Wellen. Außenminister Kinkel sagte, eine Lieferung deutscher U-Boote komme unter keinen Umständen in Frage, auch nicht über den Umweg USA. Schließlich existiere ein entsprechendes Exportverbot des Bundessicherheitsrates. Daran werde sich auch nichts ändern. Die Regierung nimmt mit dem Exportverbot nach Taiwan Rücksicht auf die Volksrepublik China.

Die Aufregung in Deutschland wurde gestern durch einen Artikel im Düsseldorfer Handelsblatt ausgelöst. Am Rande des Besuchs von Wirtschaftsminister Günter Rexrodt will das Blatt in Erfahrung gebracht haben, daß ein U-Boot-Verkauf die Chance böte, auch den ICE-Auftrag nach Deutschland zu holen. Ferner soll bereits im amerikanischen Kongreß die Änderung des sogenannten Taiwan-Gesetzes bevorstehen, um die Lieferung der U-Boote über die USA möglich zu machen. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums liegen derzeit aber weder Anträge noch Voranträge der HDW vor. Der HDW-Sprecher übt sich in der Rolle des Unschuldslamms. Natürlich werde man die Haltung der Bundesregierung unter allen Umständen respektieren, sagte Rohwedder. „Wenn der Bundessicherheitsrat es verlangt, dann würden wir jedes kleine Schräubchen bei ihm anmelden“, sagte der Firmensprecher der taz. Norbert Gansel (SPD-MdB) vermutet, daß die sogenannte „Taiwan-Lobby“ des Bundestages die Fäden zieht: „Es scheint, als wolle die Rüstungslobby die Gelegenheit wahrnehmen, auf gewohnte Weise vor Wahlen politischen Druck für die Genehmigung von Rüstungsexporten in Krisengebiete zu erzeugen.“ roga

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