Wider das schwebende Problem

■ Verkehrsclub VCD hat die Alternative zum Transrapid gefunden Von Florian Sievers

Sie ist ein besonders gehätscheltes Küken der CDU-Fraktionen von Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern: die geplante Transrapidstrecke zwischen Hamburg und Berlin. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist da ganz anderer Ansicht. Unter dem Motto „Vernetzt denken“ stellte er gestern eine Alternative zum schwebenden Problem vor.

Die Aufgaben der Magnetbahn können, so das Konzept des Vereins, ebensogut ICE-Züge übernehmen, die auf bereits existierenden und mit relativ geringem Aufwand auszubauenden Eisenbahnstrecken zwischen den beiden Städten verkehren. Dies würde nicht nur erhebliche Kosteneinsparungen mit sich bringen, sondern, so VCD-Sprecher Karl Naumann, „ist auch ökologisch sinnvoll“. Auch wäre auf diese Weise Hamburg via Schiene besser an die Wirtschaftszentren Sachsen-Anhalts und die Städte Osteuropas angebunden.

Denn gravierende Argumente gegen die Realisation dieses Prestigeprojektes gibt es mehr als genug: Die Unsumme von mindestens 5,6 Milliarden Mark schluckt die Fertigstellung einer Trasse, die Wälder und Wiesen zerschneidet. Der Betrieb der Magnetschwebebahn frißt mehr Energie und produziert mehr Lärm als ein ICE. Zudem ist sie nicht kompatibel zur konventionellen Eisenbahn, kann also nicht in das vorhandene Netz eingebunden werden, und wird mangels Absatzmarkt voraussichtlich nicht der Exportschlager werden, als der sie von der Industrie gepriesen wird.

In seinem Papier fordert der VCD deswegen eine Erweiterung der Bahnstrecke Hamburg-Uelzen-Stendal, die in eine bereits geplante Schnelltrasse nach Berlin mündet. Durch diese Nutzung vorhandener Netzkapazitäten müßten nach Angaben des VCD nur 800 Millionen Mark für die Bahnverbindung aufgewendet werden, eine Fertigstellung könnte bereits in fünf Jahren erfolgen.

Langsamere Güterzüge sollten dann, wie es früher schon Praxis war, über Nebenstrecken geleitet werden, die ebenfalls ausgebaut oder wieder in Betrieb genommen werden. Da die Bahnhöfe Hamburgs und Berlins zentral gelegen sind, würde eine ICE-Verbindung beider Städte den Zeitvorteil des Transrapids, der nur von Stadtrand zu Stadtrand verkehrt, weitestgehend wettmachen.

Der zweite Vorteil des VCD-Konzepts ist eine Trasse durch die Lüneburger Heide zwischen Hamburg und Hannover. Sie würde zum Teil mit der erweiterten Strecke Hamburg-Berlin zusammen verlaufen, der Rest würde ebenfalls ausgebaute Teile des Schienennetzes nutzen. Damit würde die Naturzerstörung der Heide, bei gleichem Kostenaufwand, vermieden.

Profitieren könnten von den im VCD-Papier aufgeführten Ausbauprojekten aber nicht nur die ICE-Verbindungen sowie der Regional- und Güterverkehr auf den jeweiligen Strecken: Nach Berechnungen des Verkehrsvereins wäre es möglich, mit den beim Transrapid eingesparten 5 Milliarden Mark sämtliche Bahnstrecken des Regionalverkehrs in Norddeutschland zu modernisieren.