„Brechstangen“-General im Dienste der UNO

■ Wirbel um die Äußerungen des UN-Befehlshabers in Bosnien

New York/Berlin (dpa/AFP/ taz) – Ein Mann „mit einer Brechstange“ hätte die Angreifer aufhalten können. Statt dessen aber „drehten sie sich praktisch um und liefen weg und überließen uns die Arbeit“. Dieses Urteil fällte der Befehlshaber der UNO-Truppen in Bosnien (Unprofor), General Michael Rose, bei seinem kurzen Besuch in Goražde. Gemeint waren damit die bosnischen Muslime. Die Bemerkungen sagte er zu einem Begleiter, und ein Reporter der BBC fing sie auf. Mit dem Argument, die Äußerungen entstammten einem „privaten Gespräch“, versuchte die Unprofor gestern sie zu relativieren. „Sir Michael“ fand auch die Zerstörung von Goražde nicht so schlimm und wollte gesehen haben, wie einige der nach Sarajevo ausgeflogenen Verletzten bald schon von „Bahren sprangen“. Der bosnische UNO-Botschafter Mohammed Sacirbey wies die Äußerungen des Generals zurück und erinnerte an die Waffenverweigerung in den sechs Sicherheitszonen Bosniens. Und nach den Worten des bosnischen Ministerpräsidenten Haris Silajdžić haben sich die Serben weder vollständig aus dem Umkreis von drei Kilometern um Goražde zurückgezogen, noch seien alle schweren Waffen aus der 20-Kilometer-Sperrzone entfernt worden.

Noch am Mittwoch beschloß der UN-Sicherheitsrat, die Blauhelm-Truppe im ehemaligen Jugoslawien um fast 7.000 Mann zu verstärken. Auch wird zur Zeit erwogen, Brčko zur siebten UNO- Schutzzone zu erklären. Doch für das ostbosnische Goražde kommt die Resolution 914 zu spät. Tilman Zülch, der Vorsitzende der „Gesellschaft für bedrohte Völker“, kritisierte gestern scharf die Bosnien-Politik der UNO und sagte, der Westen habe sich auf die Teilung Bosniens festgelegt. Von den 140 Quadratkilometern der Enklave Goražde seien nur noch neun übrig. Darin drängten sich 65.000 Menschen. Mit der Auflösung dieses „Internierungslagers“ hätten „die Serben ihr Ziel erreicht“. rh