Skunk im Zelt -betr.: "SPD-Krise: Warum, wieso, wohin", taz vom 27.4.94

Betr.: „SPD-Krise: Warum, wieso, wohin?“, 27.4.94

Lieber Florian Marten,

auf der Höhe unser Zeit zu sein, hat Willy, unser wirklich großer Häuptling, immer geraten. Da rackert man sich ab, trägt sogar nach einem Parteitag noch einen geschenkten taz-button am Revers und dann wieder diese Eigenschaftswörter über meinen Charakter. Verdammt! Redlich, aber zu weich. Ich bin beleidigt. Hätten wir jetzt schon Oskars neues Pressegesetz in Hamburg, ich würde eine Gegendarstellung ohne Redaktionsschwanz durchsetzen. Zwei Anwälte aus den neuen Wallanlagen würde ich mir nehmen. Im Ernst: Charakterrecherche ist gefragt, Herr Redakteur. Nicht nur die Neue Soziale Technik der grüngrauen Generation (kurzes Umarmen und Küßchen auch von Fremden) wartet auf Bewertung, auch die Neue Ambivalenz (kurzes ja-aber, um dann wie gehabt weiterzumachen) sollte beschrieben sein. Also Marten, seien Sie ruhig, sonst beschreib ich Sie bis zur Kenntlichkeit oder wahlweise fordere ich zum Duell auf. Cross-Atlantik! Mal sehen, wer dann in der Neuen Welt weiche Knie hat, und wer dann den Iron Man (dt. Eisenhans) macht. Apropos Neue Welt: Einer, der das Indianerspielen besser beherrscht hat als viele andere, starb, ohne daß er in der taz gut zitiert wurde. Deshalb ein Geleitwort zum Tage für die Redaktion, aber auch für andere Zwangsvorführungsgruppen von Richard Milhouse Nixon: „Wenn du ein Stinktier in deinen Reihen hast, ist es besser, du hast es im Zelt, und es pißt nach draußen, als wenn es von außen ins Zelt pißt“.

Helmuth Frahm,

Ex-SPD-Landesvorsitzender