Wendehammer

■ Wenn Umschulungen sinnlos sind

Frühlingsgefühle mögen bei Bettina Klein* aus Barmbek in diesem Jahr nicht aufkommen, und beim Gedanken an Arbeit wird ihr zum Tag derselben eher schlecht. Bettina Klein ist eines der Opfer der arbeitsamtlich geförderten Umschulungen und Fortbildungen. Irgendein gutmeinender aber ahnungsloser Arbeitsberater genehmigte ihr eine Ausbildung zur Personalreferentin. Bis vor einem halben Jahr büffelte sie fleißig EDV-Anwendung, Kommunikationstechniken und Wirtschaftslehre. Und jetzt wagt sie es kaum, sich auf Stellen im Personalmanagement zu bewerben. Bettina Klein ist nämlich ein ausgesprochen schüchterner Mensch.

Die studierte Germanistin hat sich auf die deutsche Nachkriegslyrik spezialisiert und bekommt schon Magenkrämpfe, wenn sie nur daran denkt, daß sie eine Teamsitzung von Jungmanagern moderieren soll oder etwas ähnliches, was von Personalreferenten erwartet wird. Sie war für die von ihr absolvierte Fortbildung eine glatte Fehlbesetzung, tauchte aber ein Jahr lang nicht in der Arbeitslosenstatistik auf und brachte dem Weiterbildungsträger gutes Geld.

Am Montag, dem Tag nach dem Tag der Arbeit, beginnt sie nun doch zu arbeiten: als Verkäuferin wird sie Brötchen, Butterkuchen und Mohnstrietzel über den Tresen einer Bäckerei schieben. Wie es ihr damit geht? „Da riecht es wenigstens gut.“ Mehr mag sie nicht sagen und ist den Tränen nahe.

Christoph Zabek* weint nicht. Der deutschstämmige Pole ist ein harter Mann. Er schluckt den Frust runter. Der gelernte Elektroingeniieur, der jetzt in Harburg lebt, hat ebenfalls eine ziemliche hirnrissige Fortbildung auf Kosten der Lohnsteuerzahler absolviert: Er sollte Sozialmanager werden. Das ging nicht lange gut.

Während der betriebswirtschaftlichen Ausbildungsblöcke hatte er „nur“ Sprachprobleme, denn perfekt ist sein Deutsch noch lange nicht. Während der Annäherung an sozialpädagogische Arbeits- und Denkweisen brach ein lebensweltlicher Graben auf. Wie soll auch einer, der in einem autoritären Regime sozialisiert wurde, andauernde Diskurse und die allzeit bereite Präsentation eigener Betroffenheit nachfühlen können? Zabek fand nach kürzester Zeit das gesamte Umfeld, das er eigentlich managen sollte, hochbescheuert und das Umfeld ihn ebenso. Die Folge: Abbruch der Weiterbildungsmaßnahme. Jetzt fährt er wieder Taxi.

Timm Kröger

*Namen geändert