Männlich und vorgesetzt

■ Erfahrungen nach sechs Monaten Mobbingtelefon von DAG und AOK

Ätzende Kollegen gibt es in jedem Betrieb. Einige sind jedoch ätzender als andere - sie „mobben“. Will sagen, sie machen einem ihrer Mitstreiter in der Firma das Leben zur Hölle. Die Palette der Waffen reicht von Gerüchten über eisiges Schweigen bis zu einer Umleitung des Informationsflusses: Wer an die Mobber gerät, hat nichts zu lachen. Die Psychologin Ulla Dick, die seit sechs Monaten am Mobbing-Beratungstelefon der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) und der AOK sitzt, hat einige Fakten über den gezielten Psychoterror am Arbeitsplatz zusammengetragen.

Ein Beispiel: Der neue Vorstand eines Unternehmens brachte Manager mit allen Mitteln dazu, negative Daten über andere leitende Angestellte zu sammeln. Ein Manager soll sich geweigert und schließlich einen Nervenzusammenbruch erlitten haben. Er ist heute arbeitslos und sucht ein neues Betätigungsfeld. Daß Mobbing in der freien Wirtschaft gezielt eingesetzt wird, um „überflüssiges“ Personal in die Flucht zu treiben, ist indes keine Neuigkeit. Kündigungen auf normalem Wege gehen sehr langsam vonstatten oder ziehen langwierige Arbeitsgerichtprozesse nach sich.

Nach den Erfahrungen der DAG-Berater sind die Mobber meistens die Vorgesetzten (72 Prozent). Größere Studien zeigen, daß der Nervenkrieg auch auf gleicher Ebene ausbricht. Und: Mobber sind zu 58 Prozent männlich.

524 gestreßte Arbeitnehmer wandten sich in den letzten sechs Monaten hilfesuchend an die Nummer 20230-209. Den Einwurf, die Gemobbten seien oft selbst schuld, weist Ulla Dick zurück: „Bei der Fülle von Anrufen und Geschichten wird schnell klar: Das können nicht alles Ekelpakete sein.“ Die Anrufer seien nach den oft jahrelangen Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz zermürbt und halbkrank. Vielen bliebe nur der Weg zum Arbeitsamt. „Der neue Chef räumt kräftig auf und stellt sich seine eigene Mannschaft zusammen“, lautet eine der typischen Klagen.

Die DAG möchte daher mit der Einführung von Beschwerderechten und speziellen Mobbing-Beauftragten den Geplagten den Rücken stärken. „Unser Ziel ist nicht, die heile Welt im Betrieb zu schaffen“, sagt DAG-Chef Uwe Grund, „vielmehr wollen wir den tagtäglichen Psychoterror am Arbeitsplatz nicht als unabänderlich hinnehmen.“ In den neuen Betriebsvereinbarungen sollen Mobber ausdrücklich geächtet werden. P. Roosen

Mobbing-Telefon der AOK und DAG, 20230-209, Mo 10-14 Uhr, Di 14-18 Uhr, Do 17-20 Uhr.