Lemwerder-Gutachten gezinkt

■ Landesregierung wirft Dasa Einflußnahme vor / Gutachter dementieren

Unmittelbar vor einem Spitzentreffen zur Zukunft des von der Schließung bedrohten Dasa-Werks in Lemwerder gibt es neuen Streit. Die niedersächsische Landesregierung warf am Freitag der Deutschen Aerospace AG (Dasa/München) massive Einflußnahme auf das Gutachten zu wirtschaftlichen Perspektiven des Werks Lemwerder vor. Das Wirtschaftsministerium „kann dies bestätigen“, sagte Staatssekretär Alfred Tacke vor der Landespressekonferenz in Hannover. Danach hat die Dasa bei der vom Land beauftragten Unternehmensberatung Roland Berger (München) Änderungen gewünscht.

Während die Dasa die Vorwürfe entschieden bestritt, sagte Tacke, es sei eine von der Dasa „erzwungene Fassung“ entstanden, in der die Schließungspläne der Dasa in Lemwerder als wirtschaftlich gerechtfertigt bezeichnet werden. Dem Land sei ein Brief von Berger an Dasa bekannt geworden, in dem die Gutachter sich zur Aufnahme der Änderungswünsche der Dasa bereit erklären. Das Land habe die nicht zu akzeptierende Änderung wieder rückgängig gemacht. In einer „Dokumentation“ der Dasa werde dies als Einflußnahme des Landes beschrieben. Am Freitag abend hatten sich Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder und Dasa-Vorstandschef Jürgen Schrempp zu einem vertraulichen Treffen in München verabredet.

Ein Dasa-Sprecher wies den Vorwurf der Beeinflussung des Gutachtens scharf zurück. „Es gab keinen Druck oder eine Beeinflussung in irgendeine Richtung.“ Die Vorwürfe seien „ausgemachter Unsinn und eine geschäftsschädigende Äußerung gegenüber der renommierten Unternehmensberatung“. Die Dasa habe lediglich notwendige Informationen für das Gutachten an Berger gegeben.

Eine Sprecherin von Berger sagte, es sei bei den Gesprächen mit Dasa um die Nachprüfung der angenommenen Wirtschaftsdaten gegangen. Eine für Dasa positive Bemerkung zu den Schließlungsplänen in Lemwerder habe sich schon in der ersten Fassung des Gutachtens von Ende März befunden. „Der strittige Satz war von Beginn an drin“, sagte die Sprecherin und widersprach damit der Darstellung der Landesregierung. Die von Dasa verlangten Änderungen seien „Peanuts“ gewesen, betonte sie.

Staatssekretär Tacke räumte später auf Nachfrage ein, daß möglicherweise vorher schon „in Arbeitskopien“ der später reklamierte Satz zur Schließung des Werks Lemwerder gestanden habe. Doch sei der Einflußversuch unbestritten. Das belege der Brief von Berger an Dasa. Die Studie sei mit Einwilligung der Landesregierung der Dasa Anfang April vorgestellt worden. Wenig später habe die Dasa erneut das Gutachten angefordert. Die dann von Berger vorgelegte Fassung habe plötzlich der Dasa bescheinigt, daß sie zum Rückzug aus Lemwerder gezwungen sei. Dies habe die Regierung nicht akzeptiert und korrigieren lassen, sagte Tacke.

Bei ihrer Bilanz-Pressekonferenz habe die Dasa dann aus der alten Fassung zitiert. Außerdem habe die Dasa eine interne „Dokumentation“ erstellt, die den Eindruck erwecken solle, als habe die Landesregierung bei Berger interveniert. Diese „Dokumentation“ sei offenbar auch von der Dasa gestreut worden, um die Regierung in der Öffentlichkeit in ein schiefes Licht zu setzen.

Dies Vorgehen trage alle Anzeichen „einer gezielten Kampagne“, um den Versuch der Landesregierung, mit der Dasa ernsthaft über eine Rettung des Standortes zu verhandeln, zu unterbinden.

Andreas Möser (dpa)