Fliegendes Fangen

■ Zum Abschluß des Tanztheater-Festivals bot die kanadische Gruppe „Dynamo Theatre“ Artistisches

Ein flottes Teenie-Stück beendete am Wochenende das diesjährige Tanztheater auf Kampnagel. Die kanadische Gruppe Dynamo Theatre eroberte sich am Freitag mit ihrer Choreographie The Challenge die Herzen der Zuschauer.

Licht aus und sofort ging's los: Mit Rollen, Saltos, Sprüngen, Schabernack und Albernheiten wirbeln die vier Scherzbolde nach Zirkusmusik auf die Bühne, treiben fliegendes Fangen und Kriegen um ein Berg-Monument in der Mitte. Mäusemasken und Spitznasen verhüllen die Gesichter der Bolde, verzogene Ringelstrümpfe und Zöpfe verbergen Erotik. Da wird herumgerast, an die Wände gesprungen, akrobatisch wie eine Herde nimmermüder Steh-auf-Männchen. Und ehe man sich versah, war die Konzentration des Publikums, das zuvor an dem lauen Frühlingsabend kaum stillhalten konnte, auf die Bühne gebannt.

Vier Tänzer, zwei Frauen und zwei Männer, gehören zum bockspringenden Ensemble des Dynamo Theatre aus Montreal. Die 1981 enstandene Gruppe, zu deren Gründern sowohl Schauspieler, Zirkusleute als auch Olympia-Turner gehören, experimentiert mit einem Mix aus artistischen Bewegungen, Theater, Tanz und Akrobatik. „The Challenge“, zu deutsch „die Herausforderung“, verbindet diese Elemente zu einer spannenden Choreographie, die eine klar umrissene Geschichte erzählt.

Vier Freunde sind es, zwischen denen sich zunehmend erotische Beziehungen entwickeln. Recht klischeehaft muten die Charaktere jedoch an, wenn der tumbe Schlaumeier mit den schlaffen Schultern und dem guten Buch in der Hand durch Anrempelei und Fußangeln des großen und kräftigen Mädchens derb geärgert wird. Sie benimmt sich kumpelhaft und guckt ein bißchen neidisch zu der zierlicheren Freundin. Auf die hat der Kraftprotz der Gruppe ein Auge geworfen. Naja, und dann müssen die vier Freunde auch noch richtige Abenteuer bestehen, als sie den Berg beklettern und fast 'runterfallen. Die platt-pubertäre Story wird von der halsbrecherischen Leistung glücklicherweise kaschiert.

Sinnlich gerieten die ruhigen Parts, in denen die Spielenden sich auf der dann abgedunkelten Bühne ermattet niederlegten und sich der erotische Flirt zwischen den beiden „Schönen“ entwickelte oder die zwei „Schlauen“ Vertrauen zueinander zeigten. Allerdings wurde die poppige und ausgelassene Musik von Alain Blais zuweilen zu laut abgespielt. Trotzdem gelang den Kanadiern mit ihrem Tanztheater-Abenteuer zum Abschluß des Festivals ein unterhaltsames und artistisches Kunststück.

Katrin Wienefeld