Dicke Krokodilstränen

■ Von der Frankfurter SPD als Dezernent verhindert, von den Grünen kurzgehalten: Manfred Morgenstern wird neuer Bremer Umweltstaatsrat

Frankfurt/Main Bei Manfred Morgenstern ist nomen zum einen omen – zum andern nicht. Wie ein Morgenstern wird der Abfallexperte aus Frankfurt/Main bald auch in Bremen „leuchten“, aber mit dem Morgenstern hat der kompakte Endvierziger, der als die Ruhe in Person gilt, noch nie auf den Tisch geschlagen, auch)wenn er Grund genug dazu gehabt hätte).

Der im Römer aufgrund seiner Kompetenz auch bei der Oppositionellen CDU geschätzte (noch-)Leiter des städtischen Amtes für Abfallwirtschaft hatte sich vor Jahresfrist auf einer Kreisversammlung der Bndnisgrünen um die Position des Umweltdezernenten beworben, nachdem Amtsinhaber Tom Koenigs zum Stadtkmmerer avanciert war. Doch Morgernstern scheiterte am extrovertierten Fraktionsgeschftsführer Lutz Sikorski, einem bündnisgrünen Crack aus dem in der Partei als „meinungsbildend“ geltenden „Frankfurter Kreis“. Sikorski wiederum scheiterte bei der Wahl im Stadtparlament an vier sozialdemokratischen “Schweinen“ (OB von Schoeler), so daß das Umweltdezernat bis dato weiter von Tom Koenigs kommissarisch mitverwaltet werden muß.

Ob die „vier Schweine“ in der SPD auch gegen einen Kandidaten Manfred Morgenstern gestimmt htten, ist seit dem Wahldebakel ein Thema für politische Spekulanten. Immerhin hatte gerade Sikorski den Koalitionspartner nach dem Debakel der SPD bei den hessischen Kommunalwahlen mit spitzen Bemerkungen bis auf–s Blut gereizt. Anyway: Für seinen Amtsleiter Morgenstern hatte Dezernenz Tom Koenigs als Trostpflaster eine Höhergruppierung (von 8.000 auf 11.000 Mark brutto) in Aussicht gestellt und dafür den Segen des rot-grünen Magistrats erhalten. Doch dann legte sich die bündnisgrüne Fraktion unter Fraktionsgeschftsführer Sikorski quer. In Zeiten knapper Haushaltsmittel werde diese Höhergrupperung von der Bevölkerung nicht akzeptiert, argumentierte die Fraktion, und Morgenstern blieb auf seinen 8.000 Mark sitzen.

Seitdem wurden Morgenstern Abwanderungsabsichten unterstellt. Und der Wiesbadener OB und „Sunnyboy“ Achim Exner (SPD) htte den exponierten Umweltpolitiker und Verwaltungsfachmann auch gerne in die Landeshauptstadt abgeworben. Doch Exner und seine Sozialdemokraten verloren im März 1993 die Alleinherrschaft über die Stadt. Und die neue Koalition aus diversen Parteien besetzte das Amt des Umweltdezernenten mit einem parteilosen Kompromißkandidaten.

In Bremen als Staatsrat an der Seite von Umweltsenator Ralf Fücks hat Morgenstern jetzt eine neue Heimat gefunden. Und in Frankfurt/Main weinen sie ihm dicke Krokodilstrnen hinterher. Mit „großem Bedauern“ haben OB von Schoeler und Tom Koenigs den Abgang von Morgenstern hinter den großen Deich zur Kenntnis genommen.

Klaus-Peter Klingelschmitt