Proteste ließen die rechtsextreme FAP abtauchen

■ 1. Mai weitgehend ruhig / 5.000 beim DGB / 2.000 auf autonomem Straßenfest

Nach einem ruhigen Verlauf des 1. Mai kam es am frühen Abend in der Nähe des Brandenburger Tors zu mehreren Festnahmen, als die Polizei eine Demonstration der stalinistischen RIM auflöste. Zuvor seien Flaschen und Steine geflogen, teilte die Polizei mit, die sich vorsorglich mit Einsatzhundertschaften des Bundesgrenzschutzes, der Schweriner und Magdeburger Polizei verstärkt hatte.

Bei einem unangemeldeten Zug von rund einhundert FAP-Sympathisanten durch den Bezirk Prenzlauer Berg soll die Polizei am Nachmittag dreißig Rechtsextreme festgenommen haben. Diese Angabe eines FAP-Sprechers wurde aber von der Polizei bis zum Redaktionsschluß nicht bestätigt.

Am Vormittag hatte die FAP noch auf einen geplanten Aufmarsch in Johannisthal verzichtet, nachdem sich etwa fünfhundert GegendemonstrantInnen an der Kreuzung Sterndamm/Königsheideweg zu einer ebenfalls genehmigten Kundgebung eingefunden hatten. Zuvor waren nach Angaben der Gegendemonstranten mehrere Fahrzeuge mit Neonazis von der Polizei „festgesetzt“ worden.

Nachdem die rechtsextreme FAP in den beiden vergangenen Jahren unter Mithilfe der Polizei in Prenzlauer Berg und Lichtenberg ihren 1.-Mai-Aufmarsch veranstalten konnte, wurde die diesjährige FAP-Demonstration in Johannisthal von der Polizei zunächst zwar verboten, vom Verwaltungsgericht dann aber doch für Rechtens erklärt. Begründung: Ein polizeilicher Notstand, der ein Verbot gerechtfertigt hätte, habe nicht vorgelegen.

Ruhiger als in den vergangenen Jahren ging es diesmal auch in Kreuzberg zu. Nachdem es letztes Jahr zu Auseinandersetzungen zwischen der stalinistischen „RIM“ und der autonomen Szene sowie zum Streit um die inhaltliche Ausrichtung des „revolutionären 1. Mai“ gekommen war, fiel die traditionelle Kreuzberger Demo dieses Jahr aus.

Statt dessen gab es auf dem Oranienplatz ein trotz des kalten Wetters von 2.000 Menschen besuchtes internationalistisches Straßenfest, an dem sich viele türkische und kurdische Initiativen beteiligten. An einer Demonstration der „RIM“, die sich auch gegen die autonomen „Kapitulatoren“ und das Straßenfest richtete, beteiligten sich anfänglich 500, später nur noch 200 Teilnehmer. Bis Redaktionsschluß kam es zu keinen Zwischenfällen.

DGB-Sternmarsch zum Lustgarten

Wenig motivierend scheinen die derzeitigen tarif- und arbeitsmarktpolitischen Auseinandersetzungen auf die Gewerkschafter zu wirken. So glich die gestrige Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) eher einer Pflichtübung. Nach Polizeiangaben marschierten etwa 5.000 Menschen in einem Sternmarsch vom IG-Metall-Gebäude, dem ÖTV-Haus und dem Haus der Gewerkschaften zum Lustgarten in Mitte.

Dort weckten die Allgemeinplätze, mit denen sich die Hauptrednerin Irmgard Meyer vom Bundesvorstand der IG Bau-Steine- Erden gegen den Abbau von Arbeitsplätzen und Sozialleistungen wandte, nur wenig Begeisterung. Sie kritisierte vor allem das Beschäftigungsförderungsgesetz, das bestehende Tarife durchbreche.

Als die Erwerbslosengruppe der ÖTV zum Abschluß der Kundgebung die Gewerkschaften mit einem „Sketch“ für die Nöte der Arbeitslosen sensibilisieren wollte, verharrten allenfalls noch hundert Schaulustige vor dem Podium. Auch das anschließende Kulturprogramm fand kaum Anklang.

Konstanze Lindemann von der IG Medien kritisierte die IG Chemie und die IG Metall, die in diesem Jahr bereits „mehr oder weniger schlechte Tarifabschlüsse“ akzeptiert hätten. Auch die KollegInnen in Bischofferode habe der DGB im Stich gelassen.

Nach Meyers Rede kam es zu einem Zwischenfall: Die Polizei drängte kurdische Gruppierungen von der Kundgebung in Richtung der Schloßattrappe ab, weil sie deren Flugblätter und Transparente als verfassungsfeindlich einstufte.

Gerüchte, wonach DGB-Einzelgewerkschaften für den Polizeieinsatz verantwortlich gewesen sein sollen, bestätigten sich jedoch nicht. Der Landesvorsitzende der Deutschen Postgewerkschaft (DPG), Lindemann, bezeichnete den Zwischenfall als „eine unangenehme Sache“, zumal auch die Gewerkschafter auf Flugblättern gegen die Abschiebung von Kurden protestierten.

Schließlich zeichnete sich eine Zweiteilung der Veranstaltung ab: Während der Lustgarten, wo die Gewerkschaften ihre Stände plaziert hatten, sich schon während der Kundgebung leerte, erfreuten sich die Stände der ausländischen Organisationen auf der anderen Straßenseite eines größeren Interesses. Wera/rab/aku