Ende der Eiszeit?

■ Russisch-lettisches Truppenrückzugsabkommen perfekt

Stockholm (taz) – Das russisch- lettische Truppenabzugsabkommen ist am Samstag von den beiden Präsidenten Guntis Ulmanis und Boris Jelzin in Moskau unterzeichnet worden. Nach Einschätzung von Ulmanis ist es ein „erster wichtiger Schritt, um die Eiszeit zwischen unseren beiden Ländern beenden zu können“. Und Präsident Jelzin sagte etwas, worauf die baltischen Staaten schon lange gewartet hatten: Er verurteilte ihre Annektion durch Stalin 1940.

Bis auf 700 russische Soldaten in der Radarbasis Skrunda sollen alle restlichen etwa 12.000 Militärs Lettland bis zum 31. August verlassen haben. Auch für die bis zuletzt offene Frage nach der Behandlung der in Lettland lebenden pensionierten Offiziere der Roten Armee – zusammen mit ihren Familien über 60.000 Menschen – konnte eine Lösung gefunden werden: Riga gewährt diesen grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht, Moskau bemüht sich, sie aus Lettland „wegzulocken“. Für entsprechende „materielle Anreize“ wurde ein Fonds gegründet, der auch von westlichen Ländern finanziert werden soll. Die USA sagten bereits einen Betrag zu, Schweden versprach eine Einlage von zunächst umgerechnet knapp zwei Millionen DM.

Litauens Ex-Präsident Landsbergis kritisierte am Wochenende das westliche Drängen, die Forderungen Moskaus zu akzeptieren: mit Lettland sei absichtlich das „schwächste Glied“ aus der Verhandlungsfront gegenüber Moskau herausgebrochen und zur Kapitulation gezwungen worden. Bei den russisch-estnischen Truppenrückzugsverhandlungen müsse Tallinn nun wohl ebenfalls klein beigegeben. Und auch Estlands Präsident Meri sprach von einer westlichen „Appeasementpolitik“. Die nationalistischen Parteien Lettlands bezeichneten das Abkommen als einen neuen „Molotow-Ribbentrop-Pakt“, sie wollen diesen im Parlament zu Fall zu bringen. Tatsächlich muß das Abkommen noch von den Parlamenten beider Länder ratifiziert werden. Reinhard Wolff