Meuterei im Knast

■ Algerier verschanzten sich auf dem Gefängnisdach / Vier konnten fliehen

Leverkusen (taz) – Gewaltsam, aber ohne Verletzte ist gestern morgen ein Aufstand der Abschiebehäftlinge im Gefängnis von Leverkusen-Opladen beendet worden. Neun Algerier hatten sich 15 Stunden lang auf dem Dach der Anstalt verschanzt, bevor die Polizei sie überwältigte. Die Männer, die die Ausreise in ein Land ihrer Wahl erzwingen wollten, hatten zuvor damit gedroht, von dem vierstöckigen Gebäude in die Tiefe zu springen, falls die Polizei eingreife.

Die Meuterei hatte begonnen, als am Samstag nachmittag ein Häftling versucht hatte, sich beim Freigang auf dem Innenhof mit zusammengeknoteten Handtüchern über die Gefängnismauer abzuseilen. Der Fluchtversuch wurde von mehreren Wärtern vereitelt. Dabei wurde der Mann verletzt. Daraufhin brach unter den übrigen hundert Insassen eine Meuterei aus, vier von ihnen gelang die Flucht.

Neun Algerier verschanzten sich auf dem Gefängnisdach, wo sie zunächst außer Reichweite der Aufseher waren. Es folgte ein zermürbendes Katz-und-Maus-Spiel, in dem die Verhandlungsführer des nordrhein-westfälischen Justizministeriums Kooperationsbereitschaft vortäuschten. Auf dem Dach hatten die Meuterer eine Wache postiert. Als die frostige Nacht zu Ende ging, ließ die Aufmerksamkeit des Mannes nach; die Polizei griff zu.

Von den hundert Häftlingen im Abschiebeknast Leverkusen kommt ein Drittel aus Algerien. Eigentlich sollen sie nach zwei bis vier Wochen abgeschoben werden, ließ der nordrheinwestfälische Innenminister Schnoor (SPD) verlauten. Doch sitzen die Männer teilweise bereits 18 Monate in Haft, ohne psychosoziale Betreuung. Angeblich dauert die Haft deswegen so lange, weil die algerischen Behörden sich weigern, Einreisepapiere für Flüchtlinge auszustellen. Zum Teil stünden die Abflugtermine fest, sagte gestern eine Polizeisprecherin, sie wollten aber nicht nach Algerien zurück. Einige der Meuterer müßten damit rechnen, bei der Ankunft in Algier wegen dort verübter Straftaten verhaftet zu werden. Hartmut Zitzen