Die Diener zweier Herren

■ Warum ein Gutachten einen Satz mehr oder weniger enthält

Niedersachsens Ministerpräsident wollte jeden Streit schon nicht mehr wahrhaben. Natürlich bezahle das Land Niedersachsen Gutachten, die es bestellt habe, versicherte Gerhard Schröder. Keineswegs wollte er Kritik üben an dem Unternehmensberater Roland Berger, der im Auftrag des Landes die Chancen der Wartung von Zivilflugzeugen in Lemwerder begutachtet hatte. Der Staatssekretär im niedersächsischen Wirtschaftsministerium hatte laut über juristische Schritte gegen die Beratungsfirma nachgedacht, die der Deutschen Bank gehört. Von dem Staatssekretär war sogar die Äußerung zu vernehmen: „Wenn ich ein Gutachten bestelle, entscheide ich auch, was da drinsteht.“

„Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing'“, so läuft es in der Regel wohl auch bei Unternahmensberatern. Nur war man sich bei Roland Berger im Falle Lemwerder wohl nicht klar, welchem Herren man denn nun zu dienen hatte. Während man in Hannover sich bereits im Besitz der Endfassung des Gutachtens wähnte, hatte der zuständige Sachbearbeiter das Gutachten auch noch der Dasa präsentiert. Daß der Sachbearbeiter anschließend versprach, Änderungswünsche aus München noch in das Gutachten einzuarbeiten, finden Berger und Partner „ganz normal“. So geriet in die Einleitung des Gutachtens jener Satz, mit dem der Ausstieg der Dasa aus der zivilen Flugzeugwartung in Lemwerder als „richtige Entscheidung“ gewertet und die Verlagerung des Restes der Flugzeugwerft nach Bayern gutgeheißen wird.

Das niedersächsische Wirtschaftsministerium hat diese Sätze anschließend aus der End-End- Endfassung des Gutachtens wieder streichen lassen. Zu spät: Die Dasa hatte sie auf ihrer Bilanz- Pressekonferenz bereits öffentlich vorgelesen. Strittig waren bei alledem allerdings immer nur die einleitenden Schlußfolgerungen des Gutachtens, ansonsten blieb das 100 Seiten starke Papier unverändert. Jürgen Voges