Kein „sicheres Herkunftsland“

■ Menschenrechtsverletzungen in Algerien

Berlin (taz) – Das Bürgerkriegsland Algerien gilt nach offizieller Bonner Auffassung ausländerrechtlich nicht als „sicheres Herkunftsland“. Seit der Verhängung des Ausnahmezustandes im Februar 1992 sind in dem Krieg zwischen den bewaffneten Gruppierungen der „Islamischen Heilsfront“ (FIS) und den algerischen Militär- und Polizeieinheiten über 2.000 Menschen getötet worden.

Viele Opfer sind auch auf das Vorgehen einer zur „Vernichtung der FIS“ entschlossenen politischen Justiz, auf die Vorgänge in Gerichten, Gefängnissen und Straflagern zurückzuführen. Wie gefährdet einmal aktenkundig gewordene Personen in Algerien sind, beschreibt der jüngste Bericht der Menschenrechtsorganisation „amnesty international“: Seit Februar 1993 ist rund 2.000 Menschen vor sogenannten „Sondergerichten“ nach der Antiterror-Gesetzgebung der Prozeß gemacht worden. Mehr als 400 Todesurteile wurden verhängt.

Die algerische Polizei foltert Gefangene den ai-Berichten zufolge systematisch. Schläge auf den ganzen Körper, Verbrennen mit Zigaretten, Unterbrechung der Atmung durch Knebel, Vergewaltigung, Elektroschocks und das Verbrennen ganzer Hautpartien gehören zu den üblichen Praktiken. Während der Verhöre wird den Gefangenen auch oft mit der Mißhandlung anderer Familienmitglieder gedroht. Mindestens zwölf Personen sind seit Anfang 1993 unter der Folter gestorben.

Gefangene werden manchmal ein Jahr oder länger ohne Verfahren festgehalten. Über 700 Gefangene werden derzeit in speziellen Lagern festgehalten. Verurteilungen durch die Sondergerichte erfolgen in der Regel in Schnellverfahren, Klagen über durch Folter erpreßte Geständnisse wird nicht nachgegangen. Auch im Ausland für die FIS arbeitende Personen müssen mit Observierung rechnen. Nina Corsten